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PRO: Keine Chance für Ausreden

von Nina Weißensteiner

Bei raschem Einsetzen eines U-Ausschusses zu den sich überschlagenden Ereignissen rund um den Verfassungsschutz (BVT) käme Gegnern parlamentarischer Aufklärung diesmal garantiert ein Argument abhanden: nämlich dass sich die Auskunftspersonen ständig mit den Phrasen "Das ist mir nicht erinnerlich!" oder "Dazu habe ich keine Wahrnehmung!" den berühmt-berüchtigten Befragungsmarathons entziehen könnten.

Im Gegenteil: Schon in wenigen Wochen wäre es möglich, den ungeheuerlichen Verdachtsmomenten wie himmelschreienden Widersprüchen penibel nachzugehen, in die sich mittlerweile nicht nur Spitzen des Innen-, sondern auch des Justizressorts rund um eine Razzia bei den Geheimdienstlern verheddert haben – und bei der scheinbar zufällig auch noch aktuelle Fälle im Extremismusreferat sichergestellt wurden.

Denn bei einer Pressekonferenz oder einer Sondersitzung des Nationalrats kann Innenminister Herbert Kickl etwa lästige Fragen vom Tisch wischen oder in Donald-Trump'scher Manier als Fake-News und Verschwörung der Linken abtun – nicht aber, wenn er Parlamentariern aller Couleur stundenlang unter Wahrheitspflicht und gestützt durch Akten aus dem eigenen Ressort Rede und Antwort stehen muss.

Und Herr Minister, Hand aufs Herz: Einst in Opposition hätten Sie angesichts all dieser Vorkommnisse wohl selbst als Erster nach einem U-Ausschuss gerufen. (Nina Weißensteiner, 13.3.2018)

KONTRA: Geheime Dienste sind geheim

von Conrad Seidl

Es ist das Wesen von Geheimdiensten, dass ihre Tätigkeit eben im Geheimen abläuft – und dass ihre Mitarbeiter mit privilegierter Heimlichkeit Dinge tun, die andere Beamte nicht tun dürfen.

Um an Informationen zu kommen, verschleiern sie schon manchmal die wahre Identität der agierenden Personen. Um Identitäten zu verschleiern, fälschen sie schon manchmal Urkunden. Um Urkunden fälschen zu können, handeln sie schon manchmal mit Material, dessen Besitz normalerweise illegal wäre. Und das Material, mit dem da gehandelt wird, ist gelegentlich der Preis dafür, dass man Informationen gewinnt, die auf anderem Weg nicht zu bekommen sind. Geheimdienstler halten sogar mit Ländern und Regimen Fühlung, die offiziell boykottiert werden oder mit denen man sich im Extremfall sogar im Kriegszustand befindet.

So etwas eignet sich nicht, breit diskutiert zu werden – auch wenn Journalisten natürlich mit großem Vergnügen die seltene Gelegenheit nutzen, Geheimdienst-Interna zu verbreiten. Journalisten tun das im Bewusstsein, dass jedes Ausbreiten von Geheimdienst-Interna die Arbeit der Dienste erschwert und gelegentlich die Deckung von Agenten gefährden kann – und sind entsprechend vorsichtig.

Politikern, die nun fordern, Vorgänge beim Verfassungsschutz zum Gegenstand eines öffentlichen Untersuchungsausschusses zu machen, muss das auch klar sein. Sie werden im besten Fall dort nichts erfahren – und im schlechtesten Fall die Arbeit des Dienstes torpedieren. (Conrad Seidl, 13.3.2018)