Szeged – Ein Gericht in Ungarn hat einen Syrer wegen Komplizenschaft bei einer Terrortat zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der 41-Jährige hatte bei einem versuchten Grenzsturm durch Hunderte Flüchtlinge im September 2015 Steine auf Polizisten geworfen.

"Mit der Gewalt gegen Amtspersonen hat der Angeklagte die Polizisten dazu zwingen wollen, gegen ihr Wollen und ihre Vorschriften zu handeln und die geschlossene Grenze zu öffnen", erklärte der Richter am Mittwoch bei der Verkündung des Urteils in der südungarischen Stadt Szeged. Nach ungarischem Recht erfülle dies den Tatbestand des Terrorismus, fügte er hinzu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Anklage und die Verteidigung kündigten Berufung an.

Verfahrensmängel

Der Syrer, der seit mehreren Jahren legal in Zypern lebt, hatte im Herbst 2015 seine Familie begleitet, die vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat floh. Die Gruppe erreichte die serbisch-ungarische Grenze, als diese von Ungarn gerade geschlossen worden war. Unter den dort festsitzenden, zunehmend aggressiver werdenden Flüchtlingen hatte sich der Syrer anfangs als Vermittler betätigt. Später warf er aber als Teil der aufgebrachten Menge selbst mehrere Steine gegen die ungarischen Polizisten.

In einem ersten Prozess war der Mann im September 2016 wegen Terrorismus zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil im April 2017 wegen schwerer Verfahrensmängel auf und ordnete ein neues Verfahren an.

Internationale Menschenrechtler beobachteten die Prozesse aufmerksam. Die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban setzt immer wieder Flüchtlinge mit Terroristen gleich. Auch im Fall des Syrers gab es Vorverurteilungen durch die Regierungsmedien. (APA, 14.3.2018)