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Marko Stankovic spielt seit Mitte Jänner beim indischen Klub Pune FC. Sein Vertrag läuft bis 2019, einer Verlängerung wäre er "nicht abgeneigt, wenn Gesundheit und Familie mitspielt".

Foto: AP/Rafiq Maqbool

Wien/Pune – Von einem Österreicher als Fußballexoten zu sprechen ist mitunter heikel. Indien liegt dann aber doch weit genug außerhalb Europas, um den durchschnittlichen Fan zu dieser Phrase greifen zu lassen. So dachte auch Marko Stankovic, als er Mitte Jänner bis 2019 beim Pune City FC unterschrieb. "Sportlich ist die Indian Super League alles andere als exotisch, die Lebenseinstellung und Kultur natürlich schon", sagt der Ex-Rieder.

Am Sonntag endete für den 32-Jährigen die Meisterschaft im Halbfinale gegen Grunddurchgangssieger Bengaluru FC. "Uns hat die Erfahrung gefehlt." Sportlich fehle ihm ansonsten nichts, auch abseits des Feldes sei alles perfekt organisiert: "Ich hatte anfangs Wlan-Probleme. Der Teammanager hat sich tausendmal entschuldigt. Kurz darauf war schon ein Router in meinem Zimmer installiert." Die ganze Mannschaft lebt im Fünf-Sterne-Hotel, auch weil kein einziger Inder im Team aus Pune stammt, der Stadt im Bundesstaat Maharashtra.

Starboom in Indien vorbei

2013 wurde die Indian Super League gegründet, mit Mannschaften gespickt mit Altstars wie Alessandro Del Piero oder Robert Pires. "Mittlerweile haben sie aber gemerkt, dass große Namen zwar gut klingen, aber den Fußball nicht weiterbringen. Deshalb holt man nun lieber fitte und motivierte Spieler, die das Niveau heben." Wie eben Stankovic, legt Stankovic nahe.

Jedes Team darf acht Legionäre im Kader haben und fünf davon einsetzen – meistens in der Offensive, fast 50 Prozent aus Spanien oder Brasilien. Stankovic, zuletzt Sechser, wurde geholt, "weil ich polyvalent einsetzbar bin." Der Fußball in Indien basiere eher auf dem Spielerischen, dafür "fehlt ein bisserl das Tempo". Das Niveau liege zwischen Erste Liga und Bundesliga.

In letzterer verteidigte auch Ranko Popovic zur Jahrtausendwende für Sturm. Der Pune-Trainer überzeugte Stankovic vom Wagnis Indien.

Keine Sprach-, dafür Verkehrsbarriere

Auf die dortigen Straßen wagt sich der (aktualisiert: gebürtige) Kremser nur mit Chauffeur. "Der Schnellere hat Vorrang, alle hupen. Es gibt sicher Verkehrsregeln, aber kennen tu ich sie nicht." Mit drei Millionen hat Pune mehr als zehn Mal so viele Einwohner wie sein früherer Wohnort Graz.

Da verzichte Stankovic gerne aufs Fahren, aufs Hindi müsse er. "Die meisten Inder sprechen perfekt Englisch. Mehr als "Namaste" (Hallo) hör ich nicht. Dafür kann ich jetzt Spanisch, unsere zweite Amtssprache im Team", sagt das Sprachtalent. Neben Serbisch, seiner Muttersprache, konnte der frühere Triestina-Legionär Italienisch, die Sprachverwandtschaft half.

"Das Land lebt von Gegensätzen"

5-Sterne-Hotel, keine Sprachbarrieren, perfekte Trainingsbedingungen – andererseits leben viele der rund 1,3 Milliarden Einwohner Indiens unter der Armutsgrenze.

"Die Reichen überlegen sich, welches Cricketteam sie als nächstes kaufen. Andere müssen mit einem Dollar pro Tag auskommen", ist sich Stankovic dieser "Scheinwelt" bewusst. "In den Slums waschen Leute ihre Wäsche noch immer im Fluss. Das Land lebt von Gegensätzen."

Überlange Sommerpause

Ein Gegensatz zu Österreich sei die Temperatur. "Die ersten Wochen Training bei über 30 Grad waren mühsam. Der Körper gewöhnt sich aber schnell daran. Muss er auch", sagt Stankovic. "Mit Sturm oder Austria habe ich im Sommer öfters um 16 Uhr gespielt. Ich habe mir kein einziges Mal danach gedacht: ‚Boah, heute war ich richtig stark.‘ Schönwetterkicker war ich keiner."

Ende März startet der Indian Supercup. 16 Teams spielen im K.o.-System um den Titel. Danach kehrt Stankovic wieder zu seiner Familie – Freundin und Sohn – nach Österreich zurück, ehe Mitte August die Preseason beginnt. "Vier Monate ohne Fußball wird auch Neuland für mich." Jenes in Indien hätte er sich jedenfalls "bis jetzt nicht besser vorstellen können." Ob exotisch oder nicht. (Andreas Gstaltmeyr, 15.3.2018)