Menschliche Überreste aus Nordafrika lieferten genetische Hinweise darauf, dass die Vorfahren der Ibéromaurusien-Kultur aus dem Nahen Osten und Subsahara-Afrika kamen.

Foto: Abdeljalil Bouzouggar

Die insgesamt neun untersuchten Individuen fanden sich in einer Begräbnisstätte in der Grotte des Pigeons nahe Taforalt in Marokko.

Foto: Abdeljalil Bouzouggar

Jena/Wien – Vor gut 15.000 Jahren florierte an der Nordküste Afrikas eine Kultur, die mehr oder weniger an der Schwelle eines neues Zeitalters der Menschheitsgeschichte stand. Obwohl sie noch hauptsächlich ein Jäger-und- Sammler-Dasein führten, zeigten diese afrikanischen Cro-Magnon-Menschen bereits Vorformen einer gewissen Sesshaftigkeit. Diese heute als Ibéromaurusien bekannte Gesellschaft an der Grenze zum Neolithikum verfolgte noch weitgehend eine nomadisierende Lebensweise.

Vermeintliche Parallelen zu Europa

Ihre Wohnstätten fanden sich nach wie vor in steinzeitlichen Höhlen und Felsüberhängen. Als Werkzeuge und Jagdwaffen nutzten sie dagegen bereits sogenannte Mikrolithen, also verhältnismäßig kleine, fein gearbeitete Klingen oder Speer- bzw. Pfeilspitzen.

Zeitgleich existierte in Europa das Magdalénien, eine Kultur, die jener in Nordafrika in vieler Hinsicht ähnlich war, weshalb lange Zeit angenommen wurde, dass hier eine gewisse Verwandtschaft zwischen südeuropäischen und nordafrikanischen Populationen bestand. Nun aber zeigt eine Studie, dass man sich, was diese Theorie betrifft, offensichtlich auf dem Holzweg befand.

Kein Genfluss aus dem Norden

Ein internationales Team um Johannes Krause und Choongwon Jeong vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena hat aus Knochen von neun Individuen einer Begräbnisstätte in der Grotte des Pigeons in Marokko DNA extrahiert, die auf eine gänzlich andere Verwandtschaft schließen lässt: Wie die Forscher im Fachjournal "Science" berichten, widersprechen deren Resultate der These eines Genflusses von Südeuropa nach Nordafrika.

Die genetischen Vergleiche zwischen den Angehörigen der Ibéromaurusien-Kultur und anderen prähistorischen und modernen Menschen lassen vielmehr auf eine Verbindung mit Vorderasien und dem südlichen Afrika schließen.

Konkret kommt das genetische Erbe der nordafrikanischen Population zu zwei Dritteln aus dem Nahen Osten, während das übrige Drittel nach Ansicht der Wissenschafter aus Subsahara-Afrika stammt. "Offensichtlich dürfte bereits während dieser frühen Zeit zwischen Afrika und dem Nahen Osten ein regelmäßiger genetischer Austausch stattgefunden haben", meint Jeong. Wo genau der Ursprung des Genanteils südlich der Sahara lag, bleibt allerdings rätselhaft. (Thomas Bergmayr, 15.3.2018)