Wien – ORF 3 schärft mit der neuen Programmsaison sein Informationsprofil. Dazu gehören eine Live-Infostrecke am Vormittag und zwei neue Talkformate, kündigt Senderchef Peter Schöber im APA-Gespräch an. Den Raum für Experimente will er "mit Zähnen und Klauen verteidigen".

"Seit Sendestart ist es wesentlich für ORF 3, dass wir Sachen ausprobieren können", so Schöber, der der Werbebranche am Donnerstag bei der jährlichen Programmpräsentation das Portfolio seines Senders ans Herz legt. "Da ist uns sehr viel geglückt. Manches ist danebengegangen, das haben wir dann eben wieder bleiben lassen." Anders als andere Spartensender habe es ORF III aber mit dieser Strategie geschafft, "konsequent mit der österreichischen Produzentenlandschaft ganz starke Marken aufzubauen". Eigenproduktionen – in Summe 31 Formate – statt Kaufware seien zwar "der mühsamere Weg, macht uns aber unverwechselbar".

Neues Diskussionsforum

Eines der "Experimente" wird der "Stammtisch" – der STANDARD berichtete: Ein Diskussionsformat mit prominenten und unbekannten Gesichtern, die sich unmoderiert austauschen sollen. Schöber will damit "Herrn und Frau Österreicher abseits der Digitalbassena, die sich 'Foren' nennt, zu Wort kommen lassen". Unterschiedliche Positionen kommen auch im neuen Talk am "ORF 3 Themenmontag" zur Sprache: Zwei Moderatoren (Marlene Kaufmann, Reiner Reitsamer) vertreten zu einem kontroversen Thema je eine Seite.

Dass ORF 3 eine deutlichere Informationsnote bekommt, liegt nicht zuletzt an der im Vorjahr bestellten Chefredakteurin Ingrid Thurnher. Nun plant man eine werktägliche Live-Infostrecke unter dem Titel "ORF 3 – Aktuell" (von 9.30 Uhr bis 13.00 Uhr). "Schrittweise und modular" werde das umgesetzt, sagt Schöber. "Wir müssen dafür auch komplett neue Produktionswege beschreiten." Dazu gehört die "Remote-Regie" mit ferngesteuerten Kameras, derzeit ein "Pilotprojekt in der Betatestphase" im ORF-Zentrum, ebenso wie ein "komplett virtuelles Set". Diese Infrastruktur soll es ermöglichen, "einerseits sehr schnell ins Programm einsteigen und andererseits zu überschaubaren Kosten produzieren können".

ORF 3 soll dann "bedarfsorientiert" zum "Informationssender mutieren", für Pressekonferenzen etwa und bei Anlässen "mit mittlerer Ereignisdichte". ORF 2 habe sehr fixe programmliche Vorgaben und Abläufe. Um das Programm zu kippen und live zu gehen, "muss schon eine sehr, sehr hohe Ereignisdichte vorliegen". ORF 3 könne da flexibler agieren. Hilfreich dabei seien auch die "schnellen und kurzen Entscheidungswege", sieht Schöber die Channel-Struktur für seinen Sender als Vorteil: "Ein Team, eine Marke, ein Sender."

Kultur

Information ist freilich nur ein Baustein im Portfolio, wie üblich steht Kultur besonders hoch im Kurs – mit dem "ORF 3 Kultursommer" etwa. Auch etliche neue Zeitgeschichte-Produktionen gibt es, unter anderem mit Fokus auf das 100. Republiksjubiläum und das Ende der Habsburgermonarchie.

Österreichisches steht stets hoch im Kurs im ORF 3-Programm. Die Bundesländer-Vertreter im Stiftungsrat werden mit Wohlwollen das neue Format "Österreich Heute" zur Kenntnis nehmen, das bereits ab Frühling Beiträge aus allen "Bundesland Heute"-Sendungen bringt. Schöber bezeichnet "die Kompetenz unserer Landesstudios als unglaubliches Asset", das man für ""Kultur Heute" schon lange nutze. ORF 3 verhelfe so regionalem Content zu nationaler Reichweite.

Keine genauen Zahlen

Apropos Reichweite: Zehn Prozent der Österreicher erreiche man täglich mit dem ORF 3-Programm, "da liegen wir wirklich sehr gut", so Schöber, zudem sei die Verweildauer "sehr hoch". Der Marktanteil – zwei Prozent im Jahr 2017 – sei da die weniger relevante Benchmark, denn "unsere Zielgruppe ist auch eine mit weniger hohem TV-Konsum". "Wichtig ist, dass wir mit der Qualität möglichst viele Menschen erreichen, und das gelingt gut."

Kritiker, immer wieder etwa die Privatsender, werfen dem ORF indes vor, er lagere Qualität auf ORF 3 aus. Die Darstellung, sein Sender sei ein öffentlich-rechtliches Feigenblatt, weist Schöber vehement zurück. "Ich habe bisher nicht erlebt, dass irgendeine Marke zu uns ausgelagert wurde. Im Gegenteil. Wir sind ein zusätzliches Angebot, das sehr gut nachgefragt wird."

Dass ORF 3 durch Bemerkungen wie jene des FPÖ-Stiftungsrats Norbert Steger – er meinte sinngemäß, dass der ORF nach einer Reform weniger Sender haben könnte – in Frage gestellt werde, sieht Schöber auch nicht: "Ich gehe fix davon aus, dass wir da jedenfalls nicht gemeint waren." (APA, 15.3.2018)