Noch wird getuschelt, nächste Woche können Vizekanzler Strache (links) und Regierungschef Kurz auch offiziell sagen, wo sie Ausgaben kürzen.

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An der türkis-blauen Budgetpolitik haben sich schon einige die Zähne ausgebissen. Die von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache ausgegebene Spardevise hatte bereits während der Koalitionsverhandlungen für Kritik gesorgt. Denn: Entgegen den Prognosen heimischer Wirtschaftsforscher, der EU-Kommission, der OECD und – wohlgemerkt – des hauseigenen Budgetpfads des Finanzministeriums stieß man beim "Kassasturz" auf ein gewaltiges Loch in der Staatskasse. 1,4 Milliarden Euro höher als bisher gedacht, sogar rund drei Milliarden über den EU-Vorgaben werde das Defizit demnach heuer zu liegen kommen.

Im Justizbereich läuft seit Donnerstag eine Unterschriftenaktion gegen die von Finanzminister Löger (ÖVP) geplanten Budgetkürzungen und Personalreduktionen.
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Fette rote Zahlen mit dünner Unterfütterung, lautet bis kurz vor der am Mittwoch stattfindenden ersten Budgetrede von Finanzminister Hartwig Löger der Tenor der Opposition und der Arbeitnehmervertreter. Solide Finanzpolitik, um Spielraum für eine Entlastung zu schaffen, kontert der Ressortchef. Er kratzt gerade die Millionen zusammen, die unter dem Strich zu Einsparungen von mehr als 2,5 Milliarden Euro im Doppelbudget 2018/19 führen sollen.

Überschuss kommt von allein

Dass diese Ausgabenkürzungen überhaupt notwendig sind, wird von mancher Seite bezweifelt. Als einschlägiges Argument gegen den monetären Regierungskurs gelten insbesondere die Einschätzungen renommierter Ökonomen. So hat das Wirtschaftsforschungsinstitut schon im Herbst vorausgesagt, dass Österreich im kommenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt erreichen werde.

Hat seinen Ministerkollegen den Sparstift überreicht: Hartwig Löger.
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Ende November legte die Industriestaatenorganisation OECD eins drauf und prognostizierte für 2019 einen kleinen Budgetüberschuss. Es wäre der erste seit 1974, als Hannes Androsch mit schwarzen Budgetzahlen glänzte. Obwohl: Nicht einmal das ist gesichert, im Finanzministerium hat man errechnet, dass Österreich im Jahr 1954 den letzten Überschuss schaffte. Mittlerweile haben sich die Voraussetzungen sogar noch verbessert: Die OECD kalkulierte noch mit einem Wachstum von 2,5 Prozent im laufenden Jahr, mittlerweile liegen die Prognosen bei drei Prozent plus. Auch die Einschätzung für 2019 ist – wenngleich sich der Konjunkturzyklus wieder abschwächt – besser als noch im Herbst.

Rückenwind durch Konjunktur

Kurzum: Aller Wahrscheinlichkeit nach fällt der Überschuss 2019 noch höher aus, denn mehr Wachstum heißt mehr Beschäftigung, mehr Konsum und somit höhere Einnahmen. Gleichzeitig sinken die Ausgaben für Arbeitslosengeld und Pensionen. Im Pensionssystem dürfte es daher zu einer Entlastung von einer Milliarde Euro kommen, beim Arbeitsmarktbudget sprechen Insider von einer ähnlichen Größenordnung. Heuer und 2019 sei ein leichter Budgetüberschuss drin – "selbst wenn die Regierung nichts machen würde", sagt SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer.

Sparen für Entlastung

Dass dennoch gespart wird, hängt vor allem mit einem Punkt zusammen: Löger muss Prestigevorhaben wie den Familienbonus und die Senkung der Mehrwertsteuer auf Nächtigungen sowie des Arbeitslosenversicherungsbeitrags bei Wenigverdienern gegenfinanzieren. Nicht nur das: Letztlich soll mit dem Doppelbudget der Grundstein für den großen Wurf dieser Regierung gelegt werden – die für 2020 geplante Entlastung.

Das Budget 2017 ist längst abgehakt, nun werden gleich zwei Jahre politisch in Zahlen gegossen.

Drei Milliarden Lohnsteuersenkung, dazu Reduktion der Lohnnebenkosten und der Körperschaftsteuer (samt Äquivalent für Personengesellschaften). Zwei Jahre später soll dann das Ende der kalten Progression folgen, bei der die Steuerquote wegen der Inflation steigt. Maßnahmen, die laut der Regierung zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts notwendig seien und die SPÖ-Klubchef Andreas Schieder als "Klientelpolitik" abtut.

Höhere Budgetmathematik

Das kostet Geld, weshalb jetzt die Weichen gestellt werden sollen. Auch wenn das Jammern in den Ministerien groß ist: Einen beträchtlichen Teil der "Einsparungen" wird man gar nicht bemerken. Gekappt werden jene Budgetposten, die notorisch überdotiert sind. Das führt regelmäßig zu Unterschreitungen der veranschlagten Mittel, die Differenz wird fiktiv auf die Seite gelegt. In der Budgetsprache werden diese Reserven, die freilich nur mit Zustimmung des Finanzministers angeknabbert werden dürfen, Rücklagen genannt. Hier haben sich 14,5 Milliarden Euro angehäuft. Mittelfristig will sich Löger hier eine Milliarde holen.

Dazu kommt eine fünfprozentige Kürzung bei Förderungen, die 190 Millionen Euro entspricht. Bei den knapp 90 ausgegliederten Behörden wurden höhere Personal- und Sachkosten als im Bund ermittelt, weshalb hier 140 Millionen Euro abgezwackt werden sollen. Weiters wollen ÖVP und FPÖ nur noch jede dritte Stelle im öffentlichen Dienst nachbesetzen (Ausnahmen: Sicherheit, Bildung). Und auch bei diversen Ausgabenprogrammen wird angesetzt (siehe Berichte unten). Für die einen ein Kahlschlag, für die anderen eben eine verantwortungsvolle Finanzpolitik.

Und kommuniziert werden auch bereits Zahlen, um wie viel die Ausgaben für Flüchtlinge sinken. Laut Krone und Ö1-Morgenjournal werden die Ausgaben für die Grundversorgung von Asylwerbern um 130 Millionen Euro sinken. Das ergibt sich freilich automatisch durch die gesunkene Zahl an Asylanträgen. Gestreut wird auch, dass die Ausgaben für die Mindestsicherung um 250 Millionen sinken sollen. Die Mindestsicherung hat allerdings gar nichts mit dem Bundesbudget zu tun. Zuständig für diese Sozialleistung sind die Länder. (Andreas Schnauder, Günther Oswald, 16.3.2018)