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Wien – Ein "subventionierter Quasi-Urlaub": Mit diesen Worten hatte Peter McDonald, der damalige Chef des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, die Debatte rund um Kuraufenthalte 2016 angeheizt. Die klassische Kur wird es nun bald nicht mehr geben. Das neue Modell nennt sich "Gesundheitsvorsorge aktiv" (GVA) und wird als Pilotprojekt seit zwei Jahren erprobt. Bis Ende des Jahres soll es auf ganz Österreich ausgeweitet werden.

Bis Jahresende soll die Umstellung abgeschlossen sein ("ZiB 13").
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14.000 Kuren seien bislang nach dem GVA-Modell abgehalten worden, sagt Manfred Anderle, Obmann der Pensionsversicherungsanstalt dem STANDARD. Dazu gehören Aktivtherapien und angepasster Sport als medizinische Basis, ergänzt durch das Thema Ernährung. Das Basismodul wird individuell erweitert. Probleme mit dem Bewegungs- und Stützapparat sowie der psychischen Gesundheit zählen zu den häufigsten Gründen von Kuren und Frühpensionierungen. Hier soll auch Prävention gefördert werden.

"Die Menschen geben uns die Rückmeldung, dass es zwar anstrengender war, aber das Wohlbefinden danach größer ist", berichtet Anderle. Auch Nachuntersuchungen seien bislang positiv ausgefallen. Ziel sei eine Verlängerung der gesunden Lebensjahre, aber auch der Erwerbstätigkeit.

Fünf Millionen Mehrkosten

Die Anzahl von rund 6.000 Kurbetten soll gleich bleiben, sagt Anderle. Auch die Kurdauer von 22 Tagen wird nicht verändert, kann jedoch in einen Aufenthalt von zwei Wochen und einen von einer Woche innerhalb der Frist von sechs Monaten aufgesplittet werden. Das soll die Vereinbarkeit mit dem Beruf erleichtern. Insgesamt, so rechnet Anderle, wird die GVA pro Jahr fünf Millionen Euro Mehrkosten verursachen, bei gleicher Auslastung. Sie soll aber Einsparungen, etwa bei Pflegegeld und Medikamentenverbrauch, bringen. Derzeit beträgt der Gesamtaufwand für Kur und Rehabilitation etwa eine Milliarde Euro.

In den Alltag integrieren

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz beurteilt es als "durchaus vernünftig, vom traditionellen Konzept der Kur als dreiwöchigem Aufenthalt in hotelähnlichen Strukturen" wegzukommen. Eine Kur sollte ihrer Einschätzung nach keine Enklave sein, sondern in den Alltag integriert werden. "Das ist vergleichbar mit adipösen Kindern, die in ein Ernährungscamp geschickt werden, aber zu Hause ist wieder alles gleich." Bei richtigen Voraussetzungen könne daher auch eine ambulante Kur sinnvoll sein. Bei der Förderung der Gesundheitskompetenzen verortet sie vor allem bei chronisch Erkrankten Nachholbedarf.

Es gelte jedoch zu differenzieren, sagt Pilz: Für schwer belastete Menschen könne eine Auszeit weiterhin hilfreich sein. Zudem gelte es zwischen Kur und Reha zu unterscheiden. Für Reha-Patienten gebe es oft nicht akzeptable Wartezeiten: "Manche Erkrankungen erledigen sich sonst von selbst – und zwar im negativen Sinne." Gerade für Kinder müsse die Reha-Infrastruktur ausgebaut werden, Familien müssten oft zu weite Wege zurücklegen. (red, 16.3.2018)