Der Architekt als TV-Serienheld: "Amos’ World: Episode One".


Videostill: Yuri Pattison

Wien – Das Wort "virtuell" wird fast immer falsch verwendet. Davon ist die amerikanisch-belgische Künstlerin Cécile B. Evans überzeugt. Schließlich seien die Auswirkungen digitaler Technologien keineswegs so irreal, wie es das Wort nahelegt: Die 1983 geborene Künstlerin verweist auf die Zerstörungskraft digital gesteuerter Drohnen.

Ein anderes Beispiel wären etwa die Auswirkungen der digitalen Reproduktion auf die Schauspielerei: In Evans’ Video Hyperlinks or It Didn’t Happen (2014) taucht deswegen eine Animation des Hollywoodstars Philip Seymour Hoffman auf. Kurz nach dessen Tod 2014 berichteten diverse US-Medien, seine Rolle in einer Blockbuster-Produktion übernehme künftig einfach eine digitale Version. Ob das rechtlich überhaupt möglich gewesen wäre, blieb dabei eine offene Frage. Cécile B. Evans hat sie etwas allgemeiner formuliert: Verliert man die Kontrolle über sein digitales Leben, über seine Bilder auf den Social-Media-Kanälen, wenn man gestorben ist?

In ihren Videos beschäftigt sich die in London lebende Künstlerin immer wieder mit dem Verhältnis von Leben, Tod, Identität und ihrer Zirkulation im Netz. In ihrer jüngsten Arbeit Amos’ World: Episode One geht es einmal mehr um dieses Eigenleben der Bilder. Ihre Post-Internet-Dystopie handelt auch davon, wie sich die Abhängigkeit von digitalen Technologien auf unsere Gefühle auswirkt.

Der Ort oder besser: das "Netzwerk", in dem die Episode spielt, ist eine architektonische Struktur. Die Protagonisten leben in kleinen, verdichteten Wohneinheiten, die an die megalomanen Sozialwohnbauprojekte von Le Corbusier und anderen Architekten der Moderne erinnern. In der ersten Folge des insgesamt dreiteiligen Projekts spielt Amos, der Architekt der Anlage, eine zentrale Rolle: ein weißer Mann mit digital errechnetem glattem Gesicht, der die meiste Zeit grübelnd nach den Fehlern seines Konzepts sucht.

Beziehungslosigkeit und Vereinsamung sind in dieser Welt die größten Probleme, was freilich so gar nicht dem Plan des Architekten entspricht. Dabei wurden Gemeinschaftsräume wie Sauna und Solarium längst zu Müllräumen umfunktioniert. Es ist nur ein Detail, das jedoch unschwer erkennbare Analogien in den Social Media hat. (Christa Benzer, Spezial, 17.3.2018)