SPÖ-Landesgeschäftsführerin Barbara Novak und SPÖ-Chef Michael Ludwig (SPÖ) waren nach der Präsentation der Zukunftsprojekte sichtlich gut gelaunt.

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Wien – Am Kahlenberg ist am Freitag die Zukunftsklausur der Wiener SPÖ und damit die erste Tagung unter dem neuen Vorsitzenden Michael Ludwig zu Ende gegangen. "Es waren sehr intensive Stunden", sagte Ludwig bei der Zusammenfassung der Tagung. Mehrere hundert Ideen seien behandelt worden.

Digitalisierungs-Offensive

Besonders intensiv sei über Digitalisierung diskutiert worden. Ein strategisches Ziel ist für Ludwig, dass Wien die "Digi-Hauptstadt Europas", eine digitale Hauptstadt, wird. In der Infrastruktur, der Finanzierung und dem Bildungssystem müsse man sich deswegen gut aufstellen, viele Voraussetzungen seien aber bereits erfüllt. Man wolle nicht versuchen, die Digitalisierung zu behindern, sondern Vorteile für Beschäftigte und Unternehmen herauszuholen. Eine Vertiefung gesellschaftlicher Unterschieden wolle man hingegen unbedingt vermeiden.

Die neue Parteimanagerin Barbara Novak ging noch weiter ins Detail. Man wolle in Wien einen Cybersecurity-Cluster bilden. "Es gibt dazu schon einiges, ist aber sicher ausbaufähig." Forschung und Entwicklung sollen auf dieses Thema ausgerichtet werden, Konferenzen in Wien dazu ausgetragen werden. Außerdem wolle man eine Bildungsoffensive – nicht nur in der Schule, sondern auch in der Erwachsenenbildung – starten. Dabei soll es laut Novak vor allem um die Mediennutzung gehen.

Die Pressekonferenz von Ludwig und Novak.
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"Heimatgefühl" in Grätzeln soll entstehen

Ein zweiter Themenschwerpunkt sei die Aufwertung von Bezirken und Grätzeln gewesen. "Wien bleibt anders und wird um vieles besser", sage er immer, so Ludwig. Es gehe um Maßnahmen, damit die Wiener ein Heimatgefühl in ihren Grätzeln entwickeln können. Dafür sollen bestimmte Plätze saniert werden, zudem plant die SPÖ eine Sommerbühne im 22. Bezirk direkt an der Donau. Ein besonderes Anliegen sei außerdem die Belebung der Erdgeschoßzonen, da habe Ludwig schon gute Gespräche mit der Wiener Wirtschaft, aber auch mit der Ärztekammer geführt.

Auch die Nahversorgung wurde debattiert, hier wolle man ein Modell unter dem Namen "Supergreißler" entwickeln, wo man nicht nur "Güter des täglichen Lebens" kaufen kann, sondern etwa auch Pakete aufgeben kann – kleine Kommunikationszentren, die über die Nahversorgung hinausgehen und niederschwellig erreichbar sein sollen. Das solle flächendeckend kommen. Ein weiteres konkretes Projekt ist eine mehrfach nutzbare Halle für Sportvereine und Sportorganisationen, "die nicht immer so im Fokus stehen". Die Halle solle aber auch für kulturelle Zwecke nutzbar sein.

"Vager" erster Tag

Auf Integration angesprochen sagt Ludwig, für ihn sei das eine Querschnittsmaterie. "Wir sind eine der Städte mit der höchsten Zuwanderung, natürlich ist das eine Herausforderung." Ihm sei wichtig, dass es eine Hausordnung für die ganze Stadt gibt.

Die Tagung fand, anders als bisher, ohne Medien statt. Auch neu war der Ablauf: Statt Reden der Stadträte wurde in Kleingruppen über verschiedene Themenblöcke wie "Schutz und Sicherheit", "politische Kultur" oder "Chancen und Gleichheit" debattiert. Zwar binde die neue Methode alle ein, große "Leuchtturmprojekte" hätten sich – laut einzelnen Teilnehmen – am Donnerstagnachmittag aber nicht herauskristallisiert: "Es ist vieles vage." Die Zugänge der Teilnehmer seien oft zu verschieden.

Vassilakou sorgt sich um Finanzierung

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) erklärte im Gespräch mit dem STANDARD ihr bereite vor allem die Mehrzweckhalle "Unbehagen": "Ich frage mich: Woher kommt das Geld? Bitte kein weiteres Finanzdesaster à la Krankenhaus Nord oder Sanierung des Stadthallenbades." Für Großprojekte dieser Art erwarte sie sich "volle Transparenz bei Vergabe und Abwicklung".

Opposition nicht begeistert

Bei den Wiener Oppositionsparteien lösen die Ergebnisse der "Zukunftsklausur" der Wiener SPÖ keine Begeisterung aus. Im Gegenteil: Von tatsächlicher Veränderung oder Neuorientierung scheint man "Lichtjahre" entfernt zu sein, konstatierte etwa Wiens FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp: "Die genannten Ziele des designierten Bürgermeisters Michael Ludwig sind nichts weiter als Wortwiederholungen."

Der FPÖ-Politiker vermisste nicht zuletzt Personalentscheidungen. Anlassfälle, vor allem hinsichtlich personeller Konsequenzen, gäbe es zur Genüge, befand er in einer Aussendung: "Die jahrelange Misswirtschaft der Wiener Genossen hat nicht nur finanzielle Folgen für die Bundeshauptstadt. Fehlgeleitete Politikgestaltung unter der Verantwortung der zuständigen SPÖ-Stadträte haben enormen Schaden angerichtet, der nun von den Wienerinnen und Wienern ausgebadet werden muss."

Neos: Keine Antworten auf drängende Fragen

"Die heute präsentierten Ideen der SPÖ sind ein erster Schritt. Aber nun muss die Ludwig-SPÖ vom Ankündigen ins Tun kommen", forderte der nicht amtsführende ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch. Dass der "SPÖ-Bürgermeisterkandidat" in seinen Ankündigungen ÖVP-Ideen aufgreife, sei durchaus positiv zu werten. Sei es die Mehrzweckhalle, das Kulturangebot jenseits der Donau oder der Digitalisierungsausbau: "Die ÖVP hat das schon mehrmals auf den Tisch gelegt, die SPÖ scheitert an der Umsetzung."

Die Pläne der SPÖ seien wie der heutige Blick vom Kahlenberg im Nebel geblieben, kritisierte die Klubchefin der Wiener Neos, Beate Meinl-Reisinger, in einer Pressemitteilung: "Wo sind die Antworten auf die drängenden Herausforderungen unserer Stadt? Gesundheit, Bildung, Integration, Steuergeld-Verschwendung und Schuldenberg – auf all das hat auch der nächste Bürgermeister Michael Ludwig offenbar keine Antworten." Die Opposition beklagte zudem, dass Ludwig den "Skandal um das Krankenhaus Nord" nicht selbst angesprochen habe und – auf eine entsprechende Frage – eine mögliche Untersuchungskommission heruntergespielt habe. (red, APA, 16.3.2018)