Salzburg – Wegen einer Beinverletzung nach einem Motorradunfall hieß es für Peter Lammer: Umschulung oder Arbeitsunfähigkeit. Nach zehn Operationen und 650 Tagen im Krankenstand konnte der Koch aufgrund der Schmerzen in den Beinen nicht mehr acht Stunden täglich in der Küche stehen. Doch der Chef des Salzburger Lokals Johanneskeller gab nicht auf und tüftelte gemeinsam mit seinem Freund Bernhard Tichy eine Vorrichtung aus, die den Wirt nun durch die Küche schweben lässt.
"Standing Ovation" nennen die beiden die Erfindung. Die orthopädische Steh- und Arbeitshilfe besteht aus einem Schienensystem, das an der Küchendecke montiert wurde, daran hängt ein Bügel mit einer Sattelstütze und einem Fahrradsattel. Lammer sitzt auf dem Sattel, muss nicht ständig seine Füße belasten, ist trotzdem flexibel und hat beide Hände zum Kochen frei.
"Vorher musste ich Kollegen bitten, den Topf zu heben. Nun brauche ich keinen mehr und komme mir nicht mehr behindert vor", sagt der 51-Jährige in seiner Küche zum STANDARD. Dieses Gefühl sollen künftig auch andere Betroffene, die ihre Beine nicht zu viel belasten dürfen, bekommen. Der Wirt hat Anfang 2017 gemeinsam mit Tichy das Start-up Sitworxx gegründet, für die Erfindung ist ein Patent angemeldet. "Standing Ovation" ist auch bereits als Medizinprodukt zugelassen und soll als Therapieinstrument Menschen mit Behinderung den Wiedereinstieg in den Beruf ermöglichen.
Stehhilfe weiterentwickelt
Schon 2016 begannen Lammer und Tichy, der im Outdoor-Bereich tätig ist, mit der Entwicklung, weil der Wirt keine geeignete Arbeitshilfe fand. "Ich wollte meinen Betrieb halten und meinen Beruf weiter ausüben. Ich musste eine Lösung finden", sagt Lammer. Die ersten Versuche machte das Duo mit Beingurten und einer Schaukel "Dann haben wir ein Formrohr genommen und einen Radsattel draufgeschweißt."
Mittlerweile wurde die orthopädische Stehhilfe bereits vielfach verbessert: Der Bügel ist an den Körper angepasst und nimmt nicht zu viel Platz weg. Die Sattelstütze ist um eine Gasdruckfeder erweitert, damit sich der Koch auch nach oben und unten bewegen kann. Den aktuellen Prototyp hat Lammer jetzt seit vier Monaten im Einsatz. "Ich bin nun schneller mit dem Gerät als vorher", sagt der Wirt. "Für mich ist das mein persönlicher Lottosechser, weil ich wieder arbeiten kann." (Stefanie Ruep, 16.3.2018)