Remote Work – bitte was? Das musste ich erst einmal googlen. Remote Work beschreibt laut Cambridge Dictionary "a situation in which an employee works mainly from home and communicates with the company by email and telephone". Das Arbeiten an einem flexiblen Arbeitsplatz, der meistens schlicht und ergreifend zuhause ist. Er kann aber auch im Ausland, im Zug oder wo auch immer sein – nur eben nicht in einem gewöhnlichen 08/15-Büro am Firmensitz. Die einzigen Voraussetzungen: Eine halbwegs stabile Internetverbindung und ein Job, der diese Arbeitsweise auch zulässt.

Arbeiten, wo andere Urlaub machen.
Foto: Alexandra Eder

Ab ins Bali-Office

Regelmäßige Veränderung tut mir gut, auch wenn es zu Beginn oft eine Überwindung ist, aus dem Alltag auszubrechen. Nun habe ich die Chance bekommen, das mit dem "remote worken" auszuprobieren, und die lasse ich mir nicht entgehen: Einen Monat lang werde ich von Bali aus in einem Co-Working-Space arbeiten. 
Im Freundes- und Kollegenkreis sind die Reaktionen ziemlich ausgeglichen: 50 Prozent verstehen nicht so ganz, was ich da vorhabe. Die anderen 50 Prozent würden das auch gerne probieren, stellen es sich aber eher wie Urlaub vor. Da es aber nun mal nicht wirklich Urlaub ist, sondern vielmehr Arbeit an einem anderen Ort, wird dem nicht so sein. 
Denn so sieht mein Plan aus: Die Arbeitszeit in meinem Job reduziere ich auf 20 Stunden, werde aber sonst ganz normal, weitermachen. Den Rest der Zeit berichte ich darüber, wie das so ist, seinen Arbeitsplatz ans andere Ende der Welt zu verlegen.

Meine Arbeit

Seit gut einem Jahr bin ich für den Bereich Kommunikation in einem Wiener Start-Up verantwortlich. Unter dem Namen "AbHof" hat sich ein Team formiert, das die gleichnamige App entwickelt hat. Mit ihr kann man österreichweit Direktvermarkter finden – also Landwirte, die ihre eigenen Produkte direkt ab Hof verkaufen.

Mein Hauptaufgabenbereich liegt darin, in den Social-Media-Kanälen sowie im Unternehmensblog für Inhalte zu sorgen. Das heißt in der Umsetzung: Ich stelle unserem Publikum interessante und innovative Landwirte vor. Ich besuche sie oder telefoniere mit ihnen, um zu erfahren, wie sie arbeiten und was daran besonders ist. Ich finde heraus, was es Neues gibt, und was sich am Hof tut. Im Anschluss daran verpacke ich alles in Texte. Dazu kommen noch viele weitere Kommunikationsagenden, aber das ist eben der Kern. 

Mein Job ist vielseitig und ich bin froh darüber, dass ich auch mal aus dem Büro rauskomme. An die Augenblicke, in denen am Hof eine Tür geöffnet wird und sich dahinter zum Beispiel die Kühlkammer mit dem frisch geschossenen Wild befindet, musste ich mich erst gewöhnen – das ging aber überraschend schnell. 
Ich freue mich, wenn sich Bauern und Bäuerinnen dafür interessieren, wie sie ihre Brettljause am Schönsten anrichten und für Instagram fotografieren können und ich ihnen dabei helfen kann. Dafür bekomme ich im Gegenzug auch den ein oder anderen Insidertipp, wie die Semmelknödel besser werden, wie mein Basilikum endlich länger als zwei Wochen überlebt oder wie man einen Feigenbaum überwintert.

Best case: Wenn ich zu Besuch komme und es am Hof Nachwuchs gibt!
Foto: Thomas Zimmermann

"Wir müssen reden …"

Unser Team ist viel unterwegs, es wird von daheim, dem Fahrrad, dem Acker, dem Heurigen oder weiß Gott von wo sonst noch gearbeitet. Die  Kommunikation per Mail, Telefon oder Slack ist also nichts Neues und war noch nie wirklich ein Problem.

Das war mit ein Grund, warum ich hoffte, das Einverständnis meines Chefs zu bekommen. Wenn ein Teil eines ohnehin kleinen Teams für einen Monat physisch "abhaut" und die Stunden reduziert ist das durchaus eine Herausforderung.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich hatte das Glück, dass mein Vorgesetzter sofort eingewilligt hat und mir obendrauf bereitwillig seine Sprach- und Reiseführer für Indonesien angeboten hat. 

Wir haben noch grob besprochen, in welchen Bereichen sich der Arbeitsumfang einschränken wird, damit es dabei keine Unstimmigkeiten gibt. Ansonsten sieht es das ganze Team ziemlich entspannt, es sind im Endeffekt ja auch nur vier Wochen, in denen ich nichtsdestotrotz erreichbar bin und arbeite. Da sind zwei Wochen richtiger Urlaub eigentlich schwieriger zu planen, oder? 

Unterm Strich sollte es gut möglich sein, diesen Job für einen Monat auch von einem Ort aus zu erledigen, der 11.000 Kilometer entfernt ist. Durch die Zeitverschiebung wird Telefonieren beziehungsweise Skypen wahrscheinlich eine kleine Herausforderung, aber das meiste sollte sich auch durch regen Mail- oder WhatsApp-Kontakt lösen lassen.

Startschuss

Schon etwa einen Monat bevor es losgehen sollte, waren die wichtigsten Dinge geklärt: Impfungen, Flug, Reiseversicherung und die Änderung meines Arbeitsvertrags für die Aufenthaltsdauer. Danach habe ich noch die Reiseapotheke aufgestockt, die PIN für die Kreditkarte rausgekramt, Geo-Control für die Bankomatkarte deaktiviert, Flipflops gesucht. Irgendwie war alles recht unkompliziert – hoffentlich habe ich dabei nichts übersehen. 

Morgen ist es soweit und ich werde im Flugzeug sitzend mein "Remote Work"-Abenteuer beginnen. Rund 17 Stunden wird die Reise nach Bali dauern, um jene Personen kennenzulernen, die in diesem Monat meine neuen Kollegen sein werden. Ich freue mich schon sehr auf die Erfahrung in dem Co-Working-Space und bin unglaublich gespannt, was dieser Monat bringt: Welche Herausforderungen, Kontakte, Erkenntnisse, Erlebnisse und Eindrücke. Vielleicht ist es der erste Schritt in ein neues Arbeitserlebnis, das ich immer wieder wiederholen will. Vielleicht kommt es ganz anders und es ist einfach ein Abschnitt, der mir vor Augen hält, was ich nicht will.

Mitmachen im Forum

Wer hier mitliest und sich auch für einen Remote-Work-Aufenthalt interessiert, darf mich gern als "Versuchskaninchen" sehen. Stellt mir Fragen, egal worum es geht. Gebt mir Tipps, Anregungen, verratet mir Dinge, die ich ausprobieren sollte oder die euch interessieren. Ich freu mich auf eure Postings! (Alexandra Eder, 4.4.2018)

Hinweis: Die Bloggerin wurde nach einer Bewerbungsphase auf Einladung von DER STANDARD in den Co-Working-Retreat geschickt. Sie wird zweimal pro Woche für unsere User über ihre Erfahrungen, ihre persönlichen Eindrücke, die neue Arbeitswelt, das Leben von digitalen Nomaden oder das Arbeiten in einem Schwellenland bloggen. Diese Aktion wird in Zusammenarbeit mit der Firma Unsettled durchgeführt. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim STANDARD.