Beim Diskussionsforum an einem der rechten Stände blieb man friedlich, doch einig wurde man nicht.

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2007 trat Rumänien der Europäischen Union bei. Was ist seither weitergegangen? Viel, aber auch vieles nicht. Etwa sei Rumänien nach wie vor nicht auf der mentalen Landkarte Europa verzeichnet, vernahm man bei Gesprächen auf der am Sonntag zu Ende gegangenen Leipziger Buchmesse wiederholt. Dabei sei es früher in Europa prominenter vertreten gewesen. Jahrhundertelang war die Region etwa für Durchreisende nach Konstantinopel wichtig.

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Komplementäre Produkte ihrerseits begünstigten wirtschaftliche Beziehungen des Landes mit Mitteleuropa: Rumänien lieferte agrarische, Deutschland handwerkliche Erzeugnisse, erklärteGheorghe Iakob. Der Historiker hat gerade bei New Academic Press die historische Betrachtung Rumänien in der Epoche der Modernisierung (1859–1939) veröffentlicht. Auch Österreich-Ungarn sei wichtiger Handelspartner gewesen.

Klischeehafte Erwartungen

Dieser Tage wurden jedenfalls Bücher gehandelt. Bald ist die kleine blaue Messebühne mit der runden Sitzarena des Gastlandes wieder abgebaut. 271.000 Besucher waren zu Gast. Literatur wirkte aber bereits als der Kommunismus in Osteuropa herrschte über die Grenzen hinweg. Da trieb der Austausch gar wundersame Blüten: Vieles, was in der DDR nicht gedruckt werden durfte, rutschte in rumäniendeutschen Zeitschriften und Büchern durch die Zensur und per Export weiter in die DDR, so Übersetzer Gerhardt Csejka.

Was die rumänisch-schweizerische Autorin Dana Grigorcea im Gespräch mit Csejka am Samstag anmerkte, sind Voreingenommenheiten des Lesers gegenüber Texten aus anderen Kulturkreisen. Dieser erwarte von ihnen oft bestimmte, klischeehafte Themen. Aber ein Autor, so Grigorcea, will universell sein, "nicht der Rumäne vom Dienst". Gewiss auch dem soll jeder Auftritt als Gastland entgegenwirken. Das Zitat beschreibt aber die Funktionsweise jeder guten Literatur.

Verhandlung mit Österreich

Kommendes Jahr ist Tschechien Gastland, für 2021 gibt es eine Absichtserklärung mit Portugal – mehr als 200 Millionen Menschen weltweit sprechen Portugiesisch. Für 2020 ist die Entscheidung hingegen noch ganz offen, auch mit Österreich laufen Verhandlungen. Auf den Deutschen Bestsellerlisten steht man bereits, Deutsche Buchpreise gewinnt man auch. Übersetzungen von Mundartgedichten würden wohl nicht angefertigt. Was würde aus dieser Entscheidung wachsen?

Dass es stets ein Gastland geben muss, findet Buchmessendirektor Oliver Zille nicht. Ein politischer Schwerpunkt sei ebenso denkbar. "Sich vom Rätsel des anderen wach halten lassen", auch dieser schöne Satz ließ sich nämlich in Leipzig aufschnappen. (Michael Wurmitzer aus Leipzig, 18.3.2018)