Von rechts: Maximilan Klakow als Polizist, Daniel Schmutzhard als Billy Bigelow und Nicolaus Hagg als David Bascombe.

Foto: Barbara Pálffy

Wien – Am Anfang ist Daniel Schmutzhard großartig. Lebensgierig, leicht gefährlich, sich seiner Wirkung bewusst: Sein Billy Bigelow gibt in Carousel sofort den Takt vor. In einigen Spielszenen wähnt man sich nicht im Zuckerguss-Musical von Rodgers & Hammerstein, sondern in dessen Vorlage, in der "Vorstadtlegende" Liliom von Ferenc Molnár, der sich zwischen Georg Büchner und Ödön von Horváth der kleinen Leute annahm.

Doch wenn Schmutzhard (wie alle mit Mikroport) singt, ist da kein unverwechselbarer Charakter mehr, sondern Einförmigkeit, vor allem auf dynamischem Gebiet. Bei Soliloquy,seinem Selbstgespräch, schläft man beinahe ein. Mikroport und Opernstimme: Das ist der sichere Musicaltod. Auch Mara Mastalir bemüht sich darstellerisch um Unverwechselbarkeit, sie spielt Billys leidensfähige Ehefrau Julie natürlich, fast still. Dass sie das wundervolle If I Loved You in den Sand setzt, macht nichts, da man dankbar ist, dass da mal jemand ist, der es anders zu machen versucht, der sich in einer Hauptrolle so zurücknimmt. Mutig.

Applaus für alle, nicht von allen

Ansonsten gibt es in den Dialogen ein ermüdendes Übermaß an persönlichkeitsfreiem Schauspielersprech: Dieses seit den 1950ern unveränderte "Tönen", dieses Sprechen mit Stütze. Furchtbar. Muss man das mit elektronischer Verstärkung wirklich machen? Mason inszeniert das 1945 uraufgeführte Erfolgsmusical retro und genretypisch aseptisch: alles porentief rein, frisch gebügelt und zuckersüß. Jan Meier (Ausstattung) bietet einen stimmungsvollen Ausblick durch ein Bullauge aufs Meer, seine Kostüme ankern im ausgehenden 19. Jahrhundert. Man meint, Mary Poppins müsste am Schirm herabschweben.

Johanna Arrouas und Jeffrey Treganza reißen routiniert Possen, Atala Schöck gibt eine hausbackene Nettie Fowler. Christian Graf verleitet als Jigger den irrlichternden Billy zu lebensgefährlichem Unsinn, und Regula Rosin wühlt als herrlich herbe Mrs. Mullin wollüstig in Schmutzhards Haaren. Getanzt wird mitreißend präzise (Choreografie: Francesc Abós). Und bei Joseph R. Olefirowicz und dem Volksopernorchester weiß man die Richard-Strauss-haft schillernde Musik in guten Händen. Premierenjubel für alle, wenn auch nicht von allen. (Stefan Ender, 19.3.2018)