Kameras, Gesichtserkennung und Zensur – Chinas Ziel ist es, den idealen Bürger zu erziehen, das Mittel dazu die totale Überwachung. Die Werkzeuge dazu existieren auch in Europa und den USA. Dort verhindert der Rechtsstaat ihre radikale Nutzung.

Videoüberwachung

John Suderworth, Journalist der BBC, wollte die chinesische Videoüberwachung testen und versuchte, sich unter Menschen zu tarnen. Insgesamt dauerte es sieben Minuten, bis die Kameras Sudworth erkannten, als "verdächtig" identifizierten und Polizisten ihn festnahmen. Ein Netzwerk von 176 Millionen Überwachungskameras beobachtet Chinas 1,3 Milliarden Bürger, 2020 sollen es 626 Millionen Kameras werden. Zusätzlich tragen Polizisten Brillen mit Kameras, die über ein Mobilgerät das Gesicht verdächtiger Personen binnen 100 Millisekunden erkennen können.

Eine extreme Form der Videoüberwachung existiert bereits seit Jahren in London: Nicht ohne Grund gilt die Metropole als "CCTV"-Hauptstadt Europas. Genaue Zahlen gibt es keine, weil keine Registrierungspflicht existiert. Laut Schätzungen gibt es mehrere Millionen Kameras, die meisten davon werden privat betrieben. Ob die Überwachung wirklich schützt, bleibt umstritten – jedenfalls konnte sie 2017 eine Serie von Terroranschlägen nicht verhindern.

Protest gegen Videoüberwachung.
Foto: APA

In den USA werden biometrische Datenbanken, in denen auch Gesichtsmerkmale gespeichert werden, bereits seit 2010 vom FBI genutzt. und auch in Österreich testet der Flughafen Wien seit Dezember 2017 die Gesichtserkennung.

Das Überwachungspaket der österreichischen Bundesregierung sieht vor, dass die Videoüberwachung, beispielsweise auf Autobahnen, ausgebaut und Gesichtserkennung erforscht wird.

Zensur sozialer Medien

Ein zentraler Bestandteil der chinesischen Überwachung ist die Zensur sozialer Medien. Das chinesische Whatsapp-Gegenstück mit zahlreichen zusätzlichen Features, WeChat, soll künftig den physischen Personalausweis ersetzen – und Nutzer somit eindeutig identifizierbar machen. Jegliche Chats auf der Plattform werden durchgehend überwacht. Vergleichbar ist das mit diversen Überwachungsprogrammen der NSA und anderer Geheimdienste, die bereits seit zumindest 2007 durchgeführt werden. Der einzige Unterschied liegt im Umgang der Regierung mit Überwachung: Derartige Maßnahmen sind in Europa und den USA offiziell verpönt und wurden erst durch Enthüllungen bekannt, während China sich nicht für die Kontrolle und Überwachung seiner Bürger entschuldigt, sondern sie als Recht der Partei sieht. Der Bundestrojaner, der 2020 kommen soll, wird in Österreich ebenfalls in bestimmten Fällen eine Überwachung von Messengerdiensten erlauben.

Da die gänzliche Zensur eines großen, öffentlichen Netzwerks, wie beim Twitter-Äquivalent Sina Weibo, kaum möglich ist, hat die chinesische Regierung mehrere Maßnahmen entwickelt. Etwa ist es verboten, "Gerüchte" im Netz zu verbreiten. Zusätzlich soll die sogenannte "50 Cent Party" das Meinungsbild lenken, indem sie millionenfach Kommentare postet. Sie erinnert an die russische Troll-Armee, welche die Wahlen in den USA 2016 beeinflusst haben soll und ähnlich agiert.

"Absolute Loyalität"

Es gibt in China keine unabhängigen Medien. Außerhalb der Parteimedien ist es keinem Unternehmen gestattet, zu berichten. Zwar existieren kommerziell geführte Tochterunternehmen der Staatsmedien, welche in der Vergangenheit auch kritisch berichterstatten konnten. Allerdings hat Staatschef Xi Jinping dies heute unmöglich gemacht: Die direkt von der Partei geführten Medien sind die Ersten, die bei großen Ereignissen berichten dürfen und müssen. Auch müssen Ideen für Artikel im Vorfeld genehmigt werden. 2016 forderte Xi von allen Staatsmedien "absolute Loyalität" und eine stetige Berichterstattung im Sinne der Partei.

Der Kampf der Politik gegen unliebsame Medien ist aber auch in fast jedem demokratischen Land Thema. Da ein gänzliches Verbot solcher im Westen aber kaum durchzusetzen ist, greift etwa US-Präsident Trump stets zu dem Begriff "Fake News" und denunziert damit Nachrichten als absichtliche Falschmeldungen.

Auch der ungarische Premier Viktor Orbán hat die Medien in seinem Land fest im Griff. Er hat Mediengesetze in der Vergangenheit stets zu seinem Vorteil angepasst und Kontrolle über Publikationen mittels ihm nahestehender Dritter erworben. Ein bekanntes Beispiel für diese schon bekannte Strategie ist die bis zu ihrem Ende größte Tageszeitung Ungarns, Népszabadság. Nachdem Redakteure Regierungsskandale aufgedeckt hatten, wurde sie von einem regierungsnahen Unternehmen gekauft und später eingestellt.

Firewall

Das Internet in China ist ein gänzlich anderes als in den meisten Ländern der Welt. Die chinesische Regierung verfolgt netzpolitisch das Ziel einer sogenannten Cybersouveränität: Die meisten Länder sehen das Internet als dezentralisierten Raum, dessen Zugänglichkeit man erhalten muss und dessen Regulierung durch eine Mischung aus internationalen Organisationen, Regierungen und Zivilgesellschaft erfolgt. So entscheiden Internetnutzer mit, was für eine Art Internet existiert. China dagegen verfolgt das Ziel, das Internet als Raum mit staatlichen Grenzen und Regeln zu etablieren. Unternehmen, die das nicht anerkennen und die ihre Dienste nicht dementsprechend anpassen, werden gesperrt – etwa Google oder Wikipedia auf Chinesisch.

China ist bei weitem der größte Befürworter dieser Philosophie. Allerdings ist diese in Europa und in den USA in kleinerem Rahmen immer wieder Thema. Aufgrund von Urheberrechtsverletzungen kommt es regelmäßig zu Netzsperren. Eine Überlegung, die im österreichischen Regierungsprogramm genannt wird, ist die Einführung eines "Pornofilters" . Das bedeutet, dass österreichische Provider künftig verpflichtet werden könnten, pornografische Seiten zu sperren und diese nur auf ausdrücklichen Wunsch wieder freizugeben.

Auch hat sich das EU-Parlament im Herbst mit einer überwältigenden Mehrheit für eine Verordnung ausgesprochen, die eine legale Netzsperre durch Behörden für bestimmte Internetseiten vorsieht. (muz, 18.3.2018)