Auf der Diagonale prämiert: Regisseur Christian Frosch

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Es kommt nicht allzu oft vor, dass ein Filmemacher nahezu im Alleingang die geschichtspolitische Situation eines Landes verändert. Bei Christian Frosch ist das derzeit mit seinem Film Murer – Anatomie eines Prozesses der Fall. Er erinnert an ein Datum der österreichischen Vergangenheitsbewältigung, das weitgehend in Vergessenheit geraten ist, und findet darin einen Schlüsselmoment in der Geschichte der Zweiten Republik.

Schon immer hat der 1966 in Waidhofen an der Thaya Geborene sich für historische Themen interessiert. Häufig wählte er dabei eher experimentelle Zugänge, wie mit k.af.ka fragment (2001), in dem er versuchte, sich über eine Collageform dem Genie des Prager jüdischen Schriftstellers zu nähern. Lars Rudolph spielte damals die Hauptrolle, einer der Mitstreiter, die Christian Frosch während seiner Studienzeit in Berlin fand. Die Jahre an der Westberliner Filmhochschule DFFB, nach einer Fotografieausbildung in Wien und einer Zeit an der Wiener Filmakademie, waren prägend für Christian Frosch.

Genrekino und genaue Psychologie

Für seinen ersten Spielfilm Die totale Therapie (1996) konnte er den Musikerstar Blixa Bargeld für eine Hauptrolle gewinnen – die wilde Geschichte einer psychologischen Gruppenerfahrung zeigte Frosch auch stark beeinflusst von Genrekino. Lustvoll trieb er die Logiken von Blut- und Beuschelfilmen auf die Spitze, dabei schien immer ein seriöses Interesse an Psychologie durch.

Das Image eines Bilderstürmers erwies sich in der Folge als nicht immer förderlich für seine Karriere. So gab es in den Nullerjahren auch längere Pausen, unter anderem gründete Frosch damals auch eine Produktionsfirma mit dem Namen Weltfilm. Für Murer – Anatomie eines Prozesses tat Frosch sich aber mit der Produktionsfirma Prisma zusammen. Die Konstellation hatte sich schon 2014 bei Von jetzt an kein Zurück bewährt, in dem er die Geschichte eines Paares erzählte, das von den Befreiungsenergien der 68er ins Schleudern gebracht wird.

2016 gab es dafür einen Österreichischen Filmpreis für das beste Drehbuch. Und mit diesem "Comeback" hatte Christian Frosch die Voraussetzungen geschaffen, dass er sich einer Figur zuwenden konnte, auf die er bei einem Besuch im Jüdischen Museum von Vilnius aufmerksam geworden war und über die er mehr wissen wollte: Franz Murer. Das Ergebnis seiner Neugierde wurde nun bei der Diagonale als bester Spielfilm ausgezeichnet. (Bert Rebhandl, 19. 3. 2018)