Alte römische Weisheit: Wenn du geschwiegen hättest, wärest du Philosoph geblieben. Ob Sebastian Kurz Philosoph ist, sei dahingestellt (wenn ja, dann wohl ein Vertreter der kynischen Schule). Fix ist aber: Kanzler ist Kurz nun bereits seit hundert Tagen geblieben, und geschwiegen hat er in dieser Zeit nicht zu knapp.
Das ist durchaus bemerkenswert. Schließlich weiß man, dass Kurz, wenn im Wahlkampfmodus, auch zu einem aus wohltuenden Gemeinplätzen und eitel Süßholz gefertigten Schwallen fähig ist, welches sogar den abgebrühtesten deutschen TV-Moderatoren imponiert hat. Ich bin froh, dass Sie mir diese Frage stellen! Politisch bleibt das Schwallen meist folgenlos, wohl aber hinterlässt es einen entzückenden Basti-hat-euch-lieb-Eindruck und ein geradezu umwerfendes Seid-umschlungen-Millionen-Gefühl.
Umso schmerzlicher, dass die Bürger die Ansichten ihres wortkarg gewordenen Kanzlers nun missen müssen. Im ABGB hat Schweigen keinen Erklärungswert, in einem zivilisierten Staat wäre es aber doch gut, zu wissen, was uns politische Verantwortungsträger mit ihrem Schweigen sagen wollen: Ich leide an einer Wortfindungsstörung, bei der ich nur sprechen kann, wenn ein Afghane auszuckt? Ich arbeite an einem Mammutwerk zur politischen Philosophie, das noch der sprachlichen Ausformung bedarf? Ich bin heiser? Man fragt ja nur und hofft, dass der Rest nicht Schweigen bleibt. (Christoph Winder, 18.3.2018)