Wären Worte Granaten, es wäre schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz vor vier Wochen scharf geschossen worden. Die rhetorischen Salven, die etwa der türkische Ministerpräsident dort auf seine Alliierten abfeuerte, waren beispiellos. Binali Yildirim ging sogar so weit, dass er die Nato-Partner auf offener Bühne bezichtigte, "mit Terroristen zu kooperieren". Der Grund war auch damals schon Afrin, wo sich nun türkische Streitkräfte und US-unterstützte Kurdenmilizen bekämpfen.

Die türkisch-kurdisch-syrische Grenze ist inzwischen eine Art geopolitische Sollbruchstelle geworden, an der das Nato-Mitglied Türkei gemeinsame Sache mit den Erzfeinden der Amerikaner – Russland und Iran – macht. Die Vereinigten Staaten ihrerseits sind nicht in der Lage, ihre Verbündeten in Ankara von einer Intervention abzuhalten, die für die meisten Beobachter völkerrechtswidrig ist und jedenfalls gegen die Interessen der USA läuft. Anders gesagt: Jeder Schuss, der in Afrin fällt, ist auch ein Schuss ins Knie der Nato.

Waren die Türken schon zuletzt schwierige Partner im Nordatlantikpakt, haben es vor allem US-Präsidenten verstanden, die Situation unter Kontrolle und Ankara bei der Stange zu halten. Dafür scheint Donald Trump weder Mittel noch Interesse zu haben. Es gibt keine gemeinsame Nato-Strategie für Syrien. Die Folge: Die Türkei mag im syrischen Kurdistan gewinnen, die Nato wird verlieren – diesmal nicht gegen die Russen, sondern gegen innere Feinde. (Christoph Prantner, 18.3.2018)