Die öffentlichen Verkehrsnetze müssten ausgebaut werden, auch um Kosten zu sparen, fordert der Verkehrsclub Österreich.

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Wien – Rund eine Million Menschen in Österreich sind von Mobilitätsarmut betroffen. Das bedeutet eine verringerte Möglichkeit zur Fortbewegung, die zu einer Benachteiligung in anderen Lebensbereichen führt. Davon bedroht sind vor allem ältere Menschen und Personen mit niedrigem Einkommen, ergab eine Studie des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ).

Der Zugang zu Mobilität ist ungleich zwischen sozialen Gruppen verteilt. "Mobilitätsarmut gibt es vor allem in ländlichen Regionen", sagte VCÖ-Experte Markus Gansterer bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien. Dies führt zu einer Benachteiligung in sämtlichen Lebensbereichen, was etwa auch die soziale Teilhabe oder die Chancen am Arbeitsmarkt betrifft. Der VCÖ forderte ein dichteres öffentliches Verkehrsnetz sowie häufigere Verbindungen, mehr Gemeindebusse und Sammeltaxis und den Ausbau von Geh- und Radwegen.

Auto dominiert am Land

Vor allem in ländlichen Regionen ist die Mobilität stark vom Auto dominiert. Im Schnitt verfügen 28 Prozent der Österreicher nie oder nur gelegentlich über einen Pkw, bei sehr schlechter wirtschaftlicher Situation sind dies gar 42 Prozent. Gänzlich autofreie Haushalte machen im niedrigsten Einkommen 44 Prozent aus. Durchschnittlich 17 Prozent der Österreicher haben einen schlechten Zugang zum öffentlichen Verkehr, bei schlechter wirtschaftlicher Situation ist es sogar ein Viertel.

Öffentlicher Verkehr kommt im Kostenvergleich viel günstiger, berechnete der VCÖ. So fallen etwa für eine Streckenjahreskarte neun Cent pro Kilometer an. Bei einem gebrauchten Kleinwagen, etwa einem VW Polo, sind es bereits 17 Cent pro Kilometer. Ein neuer Mittelklasse-Pkw, berechnet mit einem Skoda Octavia, schlägt gar mit 43 Cent zu Buche.

Haltestelle zu Fuß nicht erreichbar

Der VCÖ berichtete unter Verweis auf eine Studie des Verkehrsministeriums, dass rund 720.000 Menschen über 16 Jahren keine Haltestelle des öffentlichen Verkehrs zu Fuß innerhalb von 15 Minuten erreichen können. Ist eine Haltestelle fußläufig erreichbar, heißt das noch nicht, dass dort auch regelmäßig Verkehrsmittel fahren, vielfach gibt es gar weniger als vier Verbindungen. Außerhalb Wiens wird rund ein Fünftel der Bevölkerung de facto nicht vom öffentlichen Verkehr versorgt, das sind fast 1,4 Millionen Menschen. Weitere 14 Prozent – rund eine Million Personen – haben lediglich ein eingeschränktes Grundangebot.

Neben mangelnden öffentlichen Anbindungen schränke auch fehlende Infrastruktur zum Gehen und Radfahren die Mobilität in den Regionen ein, etwa wenn von einer Siedlung das nächstgelegene Ortsgebiet nur über eine Freilandstraße erreichbar ist und weder Geh- noch Radwege vorhanden sind. Diese Einschränkung führt außerdem zu mehr Hol- und Bringdiensten.

Weniger Umweltschäden bei niedrigem Einkommen

Haushalte mit niedrigerem Einkommen verantworten durch ihre Mobilität deutlich geringere Umweltschäden als Haushalte mit höherem Einkommen. Im Schnitt verursachen die 25 Prozent der Haushalte mit niedrigstem Einkommen durch ihre Alltagsmobilität 1,7 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Bei dem Viertel der Bevölkerung mit höchstem Einkommen sind es 5,4 Tonnen CO2, also dreimal so viel. Dabei sind Flugreisen noch gar nicht berücksichtigt. Gleichzeitig sind Haushalte mit niedrigerem Einkommen in den Ballungsräumen viel stärker von Abgasen und Lärm betroffen, denn diese Menschen wohnen vor allem an stark befahrenen Straßen. (APA, 21.3.2018)