Anzeigen zu Cybercrime und Wirtschaftskriminalität stiegen – insgesamt nahm die Zahl der Anzeigen aber ab.

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Wien – Die polizeilich erfassten Anzeigen befinden sich in Österreich auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre. Das geht aus der Kriminalstatistik hervor, die das Innenministerium am Donnerstag präsentiert hat.

510.536 Anzeigen wurden im vergangenen Jahr erstattet, was gegenüber 2016 einen Rückgang um 5,1 Prozent (27.256 Anzeigen) bedeutet. Bei den von der Polizei ausgeforschten Tatverdächtigen handelte es sich zu 60,9 Prozent um Inländer und zu 39,1 Prozent um Ausländer.

Die Anzahl der Anzeigen ist in nahezu allen Bundesländern gesunken, lediglich in Vorarlberg gab es einen leichten Anstieg um 0,6 Prozent. Am stärksten zurückgegangen ist die Kriminalität in Wien mit minus 7,4 Prozent.

Hohe Aufklärungsquote

Parallel dazu stieg die Aufklärungsquote auf 50,1 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das eine Steigerung um 4,2 Prozentpunkte und stellt die höchste Quote der letzten zehn Jahre dar.

Laut Michaela Kardeis, Direktorin für die öffentliche Sicherheit, haben vor allem die stärkere Präsenz von Beamten im öffentlichen Raum und die verbesserte forensische Arbeit zu der höheren Aufklärungsquote beigetragen. Aber auch Maßnahmen zur Bürgerbeteiligung führt Kardeis ins Treffen: Diese seien auch für das "subjektive Sicherheitsgefühl" von großer Bedeutung, führte die oberste Polizistin des Landes bei der Präsentation der Statistik aus.

Fremde Tatverdächtige

Nach Nationen betrachtet teilen sich Rumänien, Deutschland und Serbien in dieser Reihenfolge die Stockerlplätze unter den Tatverdächtigen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft. In erster Linie handelt es sich um Diebstähle, Körperverletzungen und Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz. Letztere haben zugenommen.

Unter der Gruppe der Asylwerber sank die Anzahl der Tatverdächtigen stark: Gegenüber dem Jahr davor wurde ein Rückgang von 9,6 Prozent verzeichnet. Das bedeutet, dass etwa 20.000 Asylwerber unter den fremden Tatverdächtigen erfasst wurden.

Trotz des starken Rückgangs macht Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) die Gruppe der Asylwerber als Problemzone aus: Dem Missbrauch des Asylrechts sei nach wie vor stark entgegenzutreten, betonte er bei der Präsentation des Berichts. Der Rückgang auf 20.000 Tatverdächtige sei zwar erfreulich, aber "auch ein Tatverdächtiger wäre zu viel", so Kickl. Er will deshalb gesetzliche Grundlagen schaffen, um Asylwerber, wenn sie eine etwaige Strafe abgegessen haben, unverzüglich in Schubhaft zu nehmen und außer Landes zu bringen.

Einbrüche, Diebstähle, Gewalt gehen zurück

Unter dem Stichwort "Big Five" fasst die Kriminalstatistik die Kriminalitätsfelder mit dem laut Innenministerium größten Einfluss auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zusammen. Hier hat es bei Wohnraumeinbrüchen und Fahrzeugdiebstählen starke Rückgänge gegeben. Bei Wohnraumeinbrüchen sank die Zahl der Anzeigen um neun Prozent, bei Diebstählen gar um elf Prozent. Beide Werte bedeuten einen Tiefstand im Zehnjahresvergleich.

Gewaltdelikte im Allgemeinen sind ebenfalls zurückgegangen, und zwar um 2,4 Prozent. Vervierfacht hat sich dabei allerdings der Einsatz von Hieb- und Stichwaffen, wenn man die Entwicklung der letzten zehn Jahre betrachtet, berichtete der Leiter des Bundeskriminalamts, Franz Lang. Der Anstieg betrifft sowohl inländische wie auch fremde Tatverdächtige. Insgesamt stellen fremde Tatverdächtige hier die Mehrheit, afghanische Staatsangehörige stehen hier an der Spitze.

Leichter Anstieg im Sexualstrafbereich

Die Zahl der "vollendeten Tötungsdelikte" ist zwar um 17,4 Prozent gestiegen – diese haben mit österreichweit 54 Fällen jedoch nur einen geringen Anteil an den Gewaltdelikten, die Aufklärungsquote liegt bei 90 Prozent.

Eine differenzierte Betrachtung ist bei der Entwicklung der strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung notwendig: Hier verzeichnet die Kriminalstatistik einen leichten Anstieg der Anzeigen um 0,7 Prozent. Sexualdelikte, bei denen körperliche Gewalt im Spiel ist, sind jedoch seit Jahren konstant und geben – entgegen der Darstellung mancher Medien – laut Innenministerium keinen Hinweis auf ein bestimmtes Täterprofil.

Bei Belästigungen im öffentlichen Raum wie auch im Internet steigt die Zahl der Anzeigen hingegen. Das hat laut Sicherheitschefin Kardeis damit zu tun, dass neue gesetzliche Regelungen eine strafrechtliche Verfolgung von Delikten ermöglichen, die vor 2016 noch nicht möglich war – gemeint ist damit der öffentlich diskutierte "Pograpsch"-Paragraf.

Sorgenkind Cybercrime

Leicht zugenommen haben die Anzeigen im Bereich Wirtschaftskriminalität. Hier geht es laut BK-Chef Lang im Gegensatz zu den letzten Jahren jedoch weniger um Banken und Unternehmen als vielmehr um sogenannten "CEO-Betrug", bei dem sich Kriminelle als Firmenchefs ausgeben und Überweisungen anordnen. Auch Fake-Webshops, die Produkte zwar anbieten, aber nach Erhalt des Geldes nie versenden, stellen eine immer größere Herausforderung dar, sagt Lang.

Wie schon in den vergangenen Jahren verzeichneten Cybercrimedelikte den prozentuell höchsten Anstieg: Die Statistik weist hier ein Plus von 28,3 Prozent aus. Dabei haben Kriminalitätsformen im Internet sowohl im engeren Sinn (etwa widerrechtliche Zugriffe auf Computersysteme) als auch im weiteren Sinn (etwa Erpressung im Internet oder Kinderpornografie) zugenommen. "Die Kriminalität verlagert sich in den Cyberraum", sagt Kardeis. In diesem Bereich müsse verstärkt das Bewusstsein geschärft werden. (Vanessa Gaigg, 22.3.2018)