Ist der Stuhl zu weich oder auch zu fest, können die Hämorrhoiden durch starkes Pressen oder Durchfall geschädigt werden.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Die häufig gestellte Frage "Was hilft gegen Hämorrhoiden?" müsste eigentlich anders lauten: "Was hilft gegen Hämorrhoidalleiden?" Denn Hämorrhoiden hat jeder, man muss sie nicht bekämpfen. Erst wenn sie sich vergrößern und in der Folge Probleme bereiten, ist Handeln angesagt. Hämorrhoiden sind ein Gewebepolster, der etwas oberhalb des Afterschließmuskels liegt. Gemeinsam dichten After und Hämorrhoiden den Darmausgang ab. Oder, anders gesagt: Die Muskulatur im Darm hält zwar den Stuhl zurück, die Hämorrhoiden sind aber sozusagen der letzte Pfropfen, der für die Feinkontinenz verantwortlich ist.

Ursachen für Hämorrhoiden

Sind die Hämorrhoiden vergrößert, sinken sie nach unten und hängen teilweise aus dem After. Erst dann spricht man von Hämorrhoidalleiden. Die Ursachen dafür sind medizinisch nicht eindeutig bewiesen. Die gängigste Theorie ist, dass der Patient einen erhöhten Druck in Richtung Beckenbodenzone hat. "In unseren Breiten wird eine Verstopfung und das damit verbundene Pressen als Hauptursache für vergrößerte Hämorrhoiden angesehen", erklärt Sascha Czipin von der Universitätsklinik Innsbruck und Mitglied der österreichweiten Arbeitsgemeinschaft für Koloproktologie. Durch den harten Stuhl steige der Druck, das Gewebe werde nach außen gepresst, durch den wiederkehrenden chronischen Entzündungsreiz vergrößere es sich.

Ernährung und Stuhl spielen eine große Rolle

Wer die Ursachen genauer betrachtet, dem wird schnell klar: Bei einem Hämorrhoidalleiden handelt es sich – wie fast immer in der Medizin – um ein vielschichtiges Geschehen. "Hier spielen immer mehrere Faktoren hinein, die ungünstig zusammenwirken", erklärt Petra Lugger, die in Innsbruck eine Spezialpraxis für Chirurgie, Koloproktologie, Ernährungsmedizin und Endoskopie führt. Zu den möglichen Gründen gehören mitunter eine ballaststoffarme, unausgewogene Ernährung, eine damit verbundene zu harte Stuhlkonsistenz und ein ungünstiges Stuhlentleerungsverhalten.

In puncto Ernährung kann vorgebeugt werden, indem man weitgehend auf Fertigprodukte verzichtet und primär ungesüßte Getränke konsumiert. Scharfes Essen? – "Ja, aber nicht übermäßig", sagt Lugger. Auch die Haltung am Klo ist nicht unerheblich. "Die falsche Stuhlentleerung betrifft vor allem das männliche Geschlecht. Es wird häufig die Zeitung mit auf die Toilette genommen, sodass sich der Toilettenbesuch stark verlängert", so Lugger. "Durch das lange Sitzen am WC kommt es zu unwillkürlichen Pressphasen, die den Druck im Enddarm erhöhen und so auf die Dauer ebenfalls eine Vergrößerung der Hämorrhoidalpolster nach sich ziehen können."

Auch Sport kann sich negativ auswirken

Weiters kann eine Infektion des Magen-Darm-Traktes ein Hämorrhoidalleiden begünstigen. Ist der Stuhl zu fest oder auch zu weich, können die Hämorrhoiden durch starkes Pressen oder Durchfall geschädigt werden. Übergewicht kann ebenso wie exzessiv ausgeübter Sport negative Auswirkungen haben. Das betrifft vor allem Radfahrer, die stundenlang auf einem harten Sattel sitzen, sowie Kraftsportler und Läufer. "Durch den gleichbleibenden Bewegungsablauf treten ausgeprägte Drucksituationen und mechanische Reibungen auf, die fortgeleitet die Enddarmstrukturen belasten", erklärt Lugger. Auch in der Schwangerschaft kann es zu einem – allerdings meist zeitlich begrenzten – Absinken der Hämorrhoiden kommen.

Krankheitsstadien und Anzeichen für Hämorrhoiden

Hämorrhoidalleiden werden in vier Krankheitsstadien eingeteilt: Im ersten Stadium erkennen Betroffene das vergrößerte Gewebe von außen nicht. Symptome sind – wenn überhaupt – Spuren von hellrotem Blut im Stuhl, Schmerzen bestehen keine. "Die Patienten sind im Normalfall vollkommen beschwerdefrei, das Hämorrhoidalleiden kann nur durch eine klinische Untersuchung festgestellt werden", erklärt Lugger.

Im zweiten Stadium treten die vergrößerten Hämorrhoiden beim Stuhlgang nach außen, ziehen sich danach aber wieder zurück. Beim Betroffenen macht sich diese Phase durch Blutungen, Brennen, Jucken und Nässen im Afterbereich bemerkbar. Im dritten Stadium zieht sich der Knoten nicht mehr von selbst zurück, lässt sich aber mit dem Finger wieder in den Analkanal schieben. Oft kommen Schmerzen hinzu. Das vierte Stadium kennzeichnet sich dadurch, dass sich das Gewebe nicht mehr von selber zurück in den After drängen lässt. In solchen Fällen kann nur noch eine ärztliche Behandlung helfen.

Blutungen, Juckreiz oder Schmerzen als Hinweis

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um sich an einen Experten für Koloproktologie zu wenden? Hier sei zu allererst gesagt: Hämorrhoiden werden oft mit einer harmlosen Hautfalte am Anus verwechselt. Diese ist meist ständig von außen sichtbar, aber schmerzfrei. "Nicht jeder Knoten am After ist eine Hämorrhoide", betont Lugger. Blutungen und Schmerzen im Afterbereich sollte man dagegen immer von einem Spezialisten für Enddarmerkrankungen abklären lassen.

"Patienten sollten sich selber gut beobachten und einen Spezialisten aufsuchen, wenn über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen Blutungen, Juckreiz oder Schmerzen auftreten", rät Lugger. Die Symptome würden nicht von den absinkenden Hämorrhoiden selbst verursacht, seien aber ein Anzeichen für ein mögliches Hämorrhoidalleiden – oder für etwaige andere Erkrankungen. Die gute Nachricht: Die Untersuchung sei sehr schmerzarm, eine Narkose nicht notwendig.

Betroffene trauen sich oft aus Scham nicht zum Arzt

In der Realität scheuen viele Betroffene aus Scham den Gang zum Arzt. Lugger kennt die Problematik: "Der Patient muss eine riesige Hemmschwelle von Scham und Angst überwinden, wenn er 'dort unten' ein Problem hat." Sie berichtet von Männern und Frauen, die bis zu 20 Jahre lang ein Hämorrhoidalleiden mit sich herumschleppen. Aber: Je früher man das Problem angehe, desto unkomplizierter und einfacher sei die Behandlung. "Je weiter fortgeschrittener das Leiden ist, desto mehr ärztliche Schritte sind notwendig", so die Medizinerin. Wer seine Scham überwinde, profitiere langfristig und erspare sich einen langwierigen Leidensprozess.

Die Behandlung hängt vom jeweiligen Stadium und von der individuellen Lebenssituation ab. In der Regel wird im ersten Stadium eine Lebensstilmodifikation angeraten. "Dabei empfehlen wir alles, was zu regelmäßigem und weichem Stuhlgang verhilft", erklärt Czipin. So können Komplikationen wie Blutungen oder Juckreiz vermindert werden. Zu den Maßnahmen zählen eine vielfältige, ballaststoffreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie weniger Fleisch, eine ausreichende Zufuhr von ungesüßter Flüssigkeit, regelmäßige Bewegungseinheiten sowie das Vermeiden längerer Toilettensitzungen.

Auf diese Weise können die Beschwerden in vielen Fällen ohne Eingriff gelindert werden. "Verödungen in diesem Stadium führen meist nicht zum gewünschten Ergebnis", berichtet Lugger. Treten Blutungen und Juckreiz häufig auf, kann dies eine Indikation für eine Operation sein. Zumindest klärt der Arzt in diesem Fall aber ab, ob die Symptome ein Hinweis auf eine andere Erkrankung sind.

Hämorrhoiden können sich erneut vergrößern

Ein chirurgischer Eingriff ist meist ab dem zweiten Stadium nötig, wenn das Gewebe so groß wird, dass es beim Stuhlgang aus dem After gedrückt wird. Je nach Größe des Gewebepolsters gibt es unterschiedliche Verfahren. Verbreitet ist etwa die Gummiband-Ligatur. Dabei wird ein Teil des Gewebes abgeschnürt, stirbt ab und wird beim Stuhlgang ausgeschieden. Bei der Sklerosierung werden Teile des Gewebes mit einem speziellen Mittel behandelt, verödet und geschrumpft.

Im fortgeschrittenen Stadium müssen Teile der Hämorrhoiden operativ entfernt werden. Dafür gibt es unterschiedliche Techniken. Eine komplette Entfernung des Gewebes ist nicht möglich, da der Patient sonst dauerhaft inkontinent werden würde. Deshalb besteht auch bei erfolgreicher Behandlung die Gefahr, dass sich die Hämorrhoiden erneut vergrößern. "Aus diesem Grund ist es wichtig, dass bereits vor einem Eingriff Maßnahmen zur Regulierung der Stuhlfestigkeit und zur Normalisierung des Toilettengangs getroffen werden", erklärt Lugger.

Vergleichsweise neu ist das schmerzlose "Liften" des Gewebes: Nicht der Knoten selbst wird entfernt, sondern ein Teil der darüberliegenden Schleimhaut gerafft. Dadurch "wandern" die Hämorrhoiden nach oben und verkleinern sich wieder.

Individuelle Behandlung

Hämorrhoiden lassen sich in der Regel gut behandeln. Häufig hilft eine Anpassung des Lebensstils, um die Beschwerden zu vermindern. Czipin schätzt, dass nur bei 30 bis 50 Prozent der diagnostizierten Patienten eine Therapie beziehungsweise ein operativer Eingriff nötig sind.

Auch schwere Hämorrhoidalleiden lassen sich behandeln. Allerdings muss der Patient durch die Änderung seines Stuhlverhaltens aktiv "mitarbeiten", damit die Hämorrhoiden nicht gefährdet sind, wieder abzusinken. Wichtig sei jedenfalls eine sehr individuelle, auf die jeweiligen Ursachen abgestimmte Behandlung, so das Fazit von Lugger. (Maria Kapeller, 26.3.2018)