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Als Erste würden es die Landwirte in den USA spüren, wenn China Millionen Tonnen seiner Sojabohnen-Importe aufkündigt, heißt es in China.

Foto: Reuters/PAULO WHITAKER

Peking zählte nervös den Countdown mit. US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, seine milliardenschweren Strafzölle gegen Hightech- und Konsumwaren-Importe aus der Volksrepublik einen Tag vorab zu erklären. Politiker, Diplomaten und das Handelsministerium schwärmten aus, um neue Reformschritte anzukünden, die Trumps Vorwürfe des unfairen chinesischen Handels mit den gigantische Defizite einfahrenden USA noch abbiegen könnten. Oder um zu drohen: Schlagzeilen chinesischer Medien am Donnerstag, vor allem des aggressiven Parteipropagandablattes "Global Times," spiegelten die Verunsicherung wider. "China bereitet sich auf den Handelskrieg vor", schrieb sie auf ihrer Website als Schlagzeile. Und darunter: "Die Nation hofft noch immer auf Verhandlungen mit den USA."

In ihrer chinesischen Ausgabe spielte die Zeitung aber 24 Stunden vor Trumps Rede schon mal das Szenario durch, dass es zum Handelskrieg kommt. Die USA sollten nur nicht glauben, dass dieser nur von der Regierung ausginge. Da unterschätzten sie den Patriotismus der Chinesen. Die Bevölkerung sei zum "Volkskrieg" gegen US-Produkte bereit. Gemeint sind wohl eher landesweite Boykotts von US-Produkten.

Millionen-Tonnen-Importe

Als Erste würden es die Landwirte in den USA spüren, wenn China Millionen Tonnen seiner Sojabohnen-Importe aufkündigt. "Das können wir mit Leichtigkeit machen", drohte die "Global Times". Brasilien, das ohnehin mehr Sojabohnen als die USA nach China exportiert, Lateinamerika und Russland warteten nur darauf, liefern zu können. Zudem würde Chinas Mittelschicht mehr europäisches Olivenöl kaufen, das sie ohnehin bevorzugt, "auch wenn es ein wenig teurer ist".

In China würden so viele Auslandsprodukte verkauft, bei denen es Importe aus den USA mit Leichtigkeit durch andere Lieferländer ersetzen könnte, etwa auch im Fahrzeugmarkt. Die US-Autogiganten seien von Chinas Kauflust abhängig, und nicht umgekehrt, US-Automarken kämen gegen die Deutschen nicht an. Beim Benzinverbrauch könnten sie es nicht mit den Japanern aufnehmen. Chinas Handys sind zu Wettbewerbern von Apple-Phones geworden, Nur Hightechprodukte seien das Einzige, was China von den USA wirklich bräuchte und auch wollte. Doch genau diese bekomme es nicht verkauft.

Chinesische Medien hatten schon mehrfach großspurig gedroht, dass die USA bei einem Handelskrieg den Kürzeren ziehen würden. Das Land könnte Airbus-Flieger statt Boeings bestellen oder Hollywoodblockbuster nicht mehr in Chinas Kinos zeigen. Doch tatsächlich hofft Peking, dass Trump in letzter Minute einlenkt. Seine weltweit größten Handelspartner sind Europa und die USA, mit denen es auch seine höchsten Handelsüberschüsse einspielt. Bei einem Handelskrieg würden beide Seiten nur verlieren, lautet immer auch der zweite Satz in der chinesischen Argumentation.

US-Konsumenten stark betroffen

Doch noch hofft China darauf, dass Trump auf die Bürger der USA hört. Er würde doch nur die eigenen US-Konsumenten vor den Kopf stoßen, wenn er an der Zollschraube für Chinas Importe dreht. Die Nachrichtenagentur Xinhua setzte am Donnerstag auf den Einfluss von zwei Dutzend der größten Verbraucher-Lobbygruppen in den USA wie Walmart, Costco, Best Buy und Levi Strauss & Co. Sie bekannten alle, auf chinesische Lieferungen angewiesen zu sein. Xinhua zitierte auch den Brandbrief von 45 Handelskammern und Vereinen an Trump. Die US-Verbraucher würden alle Zölle mit verteuerten Produkten zahlen, die ihre Gewinne aus Trumps Steuersenkungen schmälern. "Zölle sind versteckte Steuern." 41 Prozent aller von US-Bürgern gekauften Kleidungstextilien, 72 Prozent aller Fußbekleidung und 84 Prozent des Reisezubehörs kommen aus China.

Pekings Handelsministerium warnte auch am Donnerstag noch einmal, dass im Falle des Falles "China absolut nicht untätig herumsitzen wird, wenn seine legitimen Interessen beschädigt werden." – Aber ohne zu sagen, was es dann tun will.

Reformversprechen aus Peking

Unterdessen versucht Peking mit Reformversprechen Trumps Kritik an Chinas unfairen Handelspraktiken abzubiegen, die 2017 zu einem bilateralen Handelsdefizit von 375 Milliarden US-Dollar führten. In New York sagte Konsulin Zhang Qiye, einst Sprecherin des Außenministeriums, vor der Handelskammer, dass Chinas Regierung noch in diesem Jahr neue Reformmaßnahmen, besonders im gesamten Finanzbereich, einleite, "die die Erwartungen von Auslandsfirmen und Investoren weit übertreffen werden".

Chinas Regierung – von ihrem gerade gewählten Wirtschaftsguru und Vizepremier Liu He bis zum Ministerpräsidenten Li Keqiang – hat in den vergangenen Tagen öffentlich die gleichen Zusagen gemacht. Von Chinas Präsident Xi Jinping wird erwartet, dass er Anfang April in seiner Festrede zu "40 Jahren Reformen in China" die Versprechen präzisieren wird. Fraglich war am Donnerstag nur, ob China damit in letzter Minute Trump noch beeindrucken konnte. (Johnny Erling, 22.3.2018)