Shavkat Mirziyoyev will die Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten verbessern.

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Der tadschikische Präsident Emomalij Rahmon besichtigte 2016 die Bauarbeiten an seinem prestigeträchtigen Staudammprojekt Rogun.

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Tadschikische Soldaten verschanzten sich im November 1998 in Grenznähe, um sich auf einen potenziellen Angriff der in Usbekistan lauernden Rebellen vorzubereiten.

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Usbekistans Präsident Shavkat Mirziyoyev trat Anfang März die kurze Reise in Richtung Süden an, um Tadschikistan für zwei Tage zu besuchen. Ein normaler Staatsbesuch unter Nachbarn? Nein, ein historisches Treffen in einer Region, die wahrlich nicht für ihre gute Nachbarschaftspolitik bekannt ist. Der letzte offizielle Besuch eines tadschikischen Präsidenten lag immerhin rund 18 Jahre zurück, und auch dabei handelte es sich lediglich um ein kurzes Treffen am Rande eines multilateralen Gipfels.

Das schlechte Verhältnis Tadschikistans und Usbekistans war das Resultat einer jahrelangen Anhäufung von Scharmützeln, verstärkt durch die persönliche Abneigung ihrer beiden Langzeitherrscher. Die beiden Diktatoren Emomalij Rahmon und Islom Karimov verband, bis zu letzteren Todes 2016, eine lange, tiefgründige Feindschaft, die ihre Wurzeln im tadschikischen Bürgerkrieg von 1992 bis 1997 hatte. Der usbekische Präsident Karimov und ranghohe Militärs wollten damals die Machtübernahme der islamistischen Opposition in Tadschikistan unbedingt verhindern, weshalb man sich entschied, eigene Truppen zur Unterstützung Duschanbes bereitzustellen.

Infolge eines Friedensvertrages von 1997, ausverhandelt von Rahmon, wurden den Islamisten jedoch 30 Prozent der Regierungsposten zugesagt. Usbekistan verstand das als Niederlage. Die Nachwehen dessen waren blutig und verstrickt. Verdeckte Einheiten drangen abwechselnd in das Staatsgebiet des Nachbarn ein, man gewährte dem Feind des Feindes Schutz, und das gegenseitige Vertrauen stürzte immer noch tiefer ab – bis sich Usbekistan Anfang der 2000er-Jahre letztendlich entschied, den ohnehin umstrittenen Grenzverlauf zwischen den Staaten zusätzlich zu verminen.

Beziehungen auf dem Tiefpunkt

In der Folge wurden fast alle Grenzübergänge geschlossen, Zug- und Flugverbindungen gekappt, und der bilaterale Handel sank auf ein Minimum. Und dann war da noch Tadschikistans Staudammprojekt Rogun. Das Megaprojekt entlang des Wachsch-Flusses soll mit 335 Metern Höhe das größte seiner Art werden und erzürnte lange Zeit das flussabwärts gelegene Usbekistan sehr. Es fürchtete um die Wasserversorgung seines wichtigen Landwirtschaftssektors sowie den enormen geopolitischen Machthebel des verfeindeten Nachbarn. Karimov drohte 2012 gar mit einem "Wasserkrieg".

Islom Karimov verstarb im September 2016 an den Folgen eines Schlaganfalls. Sein Nachfolger, der langjährige Regierungschef Shavkat Mirziyoyev, machte die Verbesserung der nachbarschaftlichen Beziehungen in der Region zur Hauptaufgabe seiner Präsidentschaft.

Usbekische Charmeoffensive

Dreimal besuchte er seither Turkmenistan, viermal Kasachstan, einmal Kirgistan. Und nun folgte endlich der sehnsüchtig erwartete Besuch beim Erzfeind Tadschikistan. Eine "neue Ära der bilateralen Beziehungen" habe damit begonnen, vermeldete Mirziyoyev nach dem Treffen. Und die Ergebnisse der 27 aus dem Besuch resultierenden Abkommen waren durchaus beachtlich: Die Abschaffung der gegenseitigen Visumspflicht bei Reisen bis maximal 30 Tagen wird als größter Erfolg für die lokale Bevölkerung in Grenzregionen gewertet. Seit 2001 hatte das strikte Visumregime zahlreiche transnationale Familienbeziehungen stark beeinträchtigt. Die jeweils andere Sprache soll in Zukunft auch wieder vermehrt im Schulunterricht gelehrt werden. Insgesamt neun Grenzübergänge – acht via Straße, einer via Schiene – wurden wieder eröffnet; und schon letztes Jahr gab es den ersten kommerziellen Flug seit 25 Jahren zwischen den beiden Staaten nach einer Charmeoffensive des usbekischen Außenministers in Duschanbe.

Sogar in die Diskussionen rund um das Rogun-Staudammprojekt kam frischer Schwung. Mirziyoyev erklärte seine Absicht, "alle Möglichkeiten der Beteiligung Usbekistans am Bau von Wasserkraftwerken", einschließlich des Rogun-Staudammprojekts, zu überprüfen. Duschanbe hatte im Oktober 2016, kurz nach dem Tod des Exdiktators, mit dessen Bau begonnen. Die bis dahin gewohnt harsche Kritik aus Taschkent blieb aus. Tadschikistan begrüßte die neuesten Entwicklungen erwartungsgemäß, versprach dem Nachbarn, nie das Wasser abzudrehen, und will den Staudamm noch heuer fertigstellen.

Und tatsächlich könnten beide Staaten vom Großprojekt profitieren. Duschanbes staatlicher Stromversorger bestätigte bereits den Verkauf von 1,5 Milliarden Kilowattstunden Strom an Usbekistan von April bis September 2018. Taschkent könnte dadurch seine akute Unterversorgung abfedern, sodass die Haushalte endlich über das ganze Jahr hinweg mit Strom versorgt sind. Die wirtschaftlichen Beziehungen könnten auch die bilateralen Beziehungen massiv verbessern. Das freundschaftliche Gipfeltreffen der fünf -stans am 15. März, wohin lediglich Turkmenistan nur den Parlamentssprecher und nicht seinen Präsidenten schickte, nährt zudem die Hoffnungen auf eine langanhaltende regionale Freundschaft. (Fabian Sommavilla, 23.3.2018)