So oft und so auffällig wie seit langem nicht haben die Staats- und Regierungschefs beim EU-Frühjahrsgipfel die Worte Einheit, Einigkeit und Solidarität in den Mund genommen. Kein Zufall. Es gleicht dem Rufen im Wald, mit dem man sich selbst Mut macht. Ausdruck von Stärke ist der demonstrative Schulterschluss nicht.

Vielmehr schlittert die Union – trotz gut laufender Wirtschaftskonjunktur und rückläufiger Zahlen bei der Arbeitslosigkeit in praktisch allen Mitgliedstaaten – immer tiefer in eine politische Krise: im Inneren wie im Äußeren.

EU-innenpolitisch droht sich die Lähmung bei wichtigen Reformentscheidungen zu verfestigen, bei Migrations- und Asylpolitik wie auch bei der Vertiefung der Eurozone. Wegen der monatelangen Verzögerung bei der Regierungsbildung in Deutschland, dem Schlüsselpartnerland, wurde unnötig viel Zeit verspielt. Nun sieht es ganz danach aus, als könnte mit dem wankenden Italien, in dem bald EU-Skeptiker regieren, kaum etwas weitergehen.

Dazu kommen neue außenpolitische Krisen: der Handelsstreit mit den USA und der kleine kalte Krieg mit Russland nach den Giftanschlägen in Großbritannien. Wie aus einem Munde schallt nun von den EU-27 "volle Solidarität mit den Briten", die die EU in einem Jahr verlassen werden. Und Richtung Washington sendet der Gipfel, Zitat Außenbeauftragte Federica Mogherini: "das stärkste Signal, das wir haben: Einheit, Einheit, Einheit!" (Thomas Mayer, 22.3.2018)