Wien – Flüchtlinge und Migranten hätten sich an die in Österreich herrschenden Sitten und Gebräuche zu halten, heißt es allenthalben. Das setzt voraus, dass sie die Regeln kennen – die verbrieften und die informellen. Die angebotenen Integrationskurse sind ein Weg der Vermittlung, doch meistens haben die Neuankömmlinge darüber hinaus viele offene Fragen: zu Asylverfahren, Bildungs- und Arbeitsperspektiven, zu Gesetzen und Umgangsformen im Alltag.

Die speziell für junge Leute produzierte Videoserie "Asyl braucht Information" liefert Antworten: In 26 zwischen fünf und zwölf Minuten langen Filmen geben junge Asylwerber und Schutzberechtigte aus Afghanistan, Somalia, Syrien und dem Irak ihren Landsleuten Nachhilfe in Österreich-Wissen. In Sketch- oder Dialogform werden Asyl-, Job-, Ausbildungs-, Gesundheits- und Zusammenlebensfragen erläutert. Am Donnerstag wurde im Wiener Museum für Volkskunde die zweite Videostaffel präsentiert.

Seltsame Begrüßungsküsse

Da unterhalten sich etwa zwei junge Afghanen in einem Kaffeehaus über die – für den einen – seltsamen Verhaltensweisen von drei Frauen, die einander Begrüßungsküsse geben. Das Gespräch weitet sich auf die Themen Alkohol beim Rad- oder Autofahren sowie die im Unterschied zum Iran, wo einer der beiden früher lebte, ernst zu nehmenden Straßenverkehrsregeln aus.

asylkoordination österreich

Eine junge Frau aus Somalia, die sich fast ausschließlich von Schokolade und Energydrinks ernährt und ihren Tag mit dem Smartphone am Sofa verbringt, wird von zwei Landsleuten aus ihrer Lethargie gerissen. Sie bringen ihr Äpfel und Mineralwasser und nehmen sie zum Basketballspielen mit. Ähnliche Sketches zum Thema Gesundheit gibt es auf Dari sowie Arabisch – immer mit deutschen Untertiteln.

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Die Drehbücher wurden von den Schauspielern – alle selbst junge Flüchtlinge – in Zusammenarbeit mit Lisa Wolfsegger vom NGO-Zusammenschluss Asylkoordination verfasst. Durch die niederschwellige Vorgangsweise sei sichergestellt, "dass jene Themen vorkommen, die junge Asylwerber wirklich interessieren, und dass sie so aufbereitet sind, wie sie es wünschen und brauchen", sagt Wolfsegger, die das Videoprojekt seit 2017 betreut.

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Im Vorjahr wurden zuerst die Videos für Afghanen gedreht, heuer jene für Somalier und Menschen aus arabischen Staaten. Finanziert wurde das Projekt von Raiffeisen, dem Fonds Gesundes Österreich, der Erste Bank und dem großteils von der Kahane-Stiftung finanzierten Badener Startquartier, einem Verein zur Unterstützung besonders hilfsbedürftiger Menschen mit Fluchthintergrund. Produziert wurden die Videos von der Firma Schlagerfilm. Die Kosten bisher: rund 30.000 Euro. (Irene Brickner, 23.3.2018)