Ein Ja zum dritten Geschlecht hätte weitreichende Auswirkungen, auch auf die neue Regelung der Geschlechterquoten in den Aufsichtsräten.

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Wien – Nachdem der Verfassungsgerichtshof am 14. März beschlossen hat, die Vereinbarkeit des österreichischen Personenstandsrechts mit Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu prüfen, wird von vielen erwartet, dass die Richter dem Beispiel des deutschen Bundesverfassungsgerichts folgen und entscheiden, dass Personen, die dauerhaft weder weiblich noch männlich sind, in ihren Grundrechten verletzt werden, wenn sie zur Registrierung als Mann oder Frau gezwungen sind.

Ein Ja zum dritten Geschlecht hätte weitreichende Auswirkungen in der österreichischen Rechtsordnung, nicht zuletzt auf die neue Regelung der Geschlechterquoten in den Aufsichtsräten.

Aufgrund des Gleichstellungsgesetzes von Frauen und Männern im Aufsichtsrat (GFMA-G) muss seit Anfang 2018 bei der Neuwahl in den Aufsichtsrat börsennotierter AGs sowie Gesellschaften mit mehr als tausend Arbeitnehmern und mehr als fünf Kapitalvertretern der Aufsichtsrat zumindest mit 30 Prozent Frauen und 30 Prozent Männern besetzt werden. Das gilt nicht für Gesellschaften, deren Belegschaft zu weniger als 20 Prozent aus Frauen oder Männern besteht. Im Sinne des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebots verankerte der Gesetzgeber die "Vertretung beider Geschlechter".

Verfassungswidrig

Das GFMA-G stellt für die Geschlechterquote auf die Unterscheidung lediglich zweier Geschlechter, nämlich männlich und weiblich, ab. Nach der Anerkennung des dritten Geschlechts ist diese Regelung verfassungswidrig, aber vorerst weiter anwendbar.

Steht eine dem dritten Geschlecht zugehörige Person zur Wahl und wird dadurch die Geschlechterquote von 30 Prozent Männern oder Frauen nicht erfüllt, wäre die Wahl in den Aufsichtsrat nach derzeitiger Gesetzesregelung nichtig. Nichtigkeit tritt auch im theoretischen Fall ein, wenn nach der Wahl einem Aufsichtsrat zu 30 Prozent Personen des dritten Geschlechts angehören, weil dann die Männer- und Frauenquote nicht erfüllt wird.

Ändert sich das Geschlecht einer in den Aufsichtsrat bestellten Person während der Bestellungsdauer, hat dies keinen Einfluss auf das bestehende Aufsichtsratsmandat. Abzustellen ist auf den Bestellungszeitpunkt. Erst mit Ende der Bestellungsdauer ist das neue Geschlecht des Aufsichtsratsmitglieds zu berücksichtigen.

Aufgrund der geringen Anzahl von Personen dritten Geschlechts kann eine Quotenregelung für sie nicht zielführend sein. Eine verfassungskonforme Regelung müsste daher eine prozentuelle Beschränkung der Vertretung eines Geschlechts im Aufsichtsrat vorsehen und somit offenlassen, ob die beiden anderen Geschlechter im Aufsichtsrat vertreten sind. (Albert Birkner, Nadine Leitner, 26.3.2018)