Stockholm – In Schweden ist nach dem Suizid des Stockholmer Theaterleiters Benny Fredriksson eine Debatte über die Verantwortung der Medien im Zuge der #MeToo-Debatte entbrannt. Der 58 Jahre alte Stadttheaterchef hatte sich das Leben genommen, nachdem er in einer Zeitung wegen angeblich sexistischen Führungsstils attackiert worden war. Einige der anonymen Anschuldigungen erwiesen sich später als falsch.

TheaterkollegInnen werfen den Medien vor, Fredriksson in den Suizid getrieben zu haben. Der 58-Jährige, der im vergangenen Dezember zurückgetreten war, habe sein Lebenswerk "wegen einer grenzenlosen Medien-Treibjagd" aufgegeben, schrieb Interimschef Sture Carlsson auf der Internetseite des Theaters. "Bei ihm schaffte das eine Wunde, die nicht zu heilen war." Ein Schauspieler berichtete im schwedischen Rundfunk, er sei zu den Anschuldigungen befragt worden. Als er sagte, er könne nichts Negatives über Fredriksson berichten, sei der Journalist nicht mehr interessiert gewesen. "Das war eine Treibjagd, sie waren auf einen Skandal aus", kritisierte der Schauspieler.

40 Zeugenaussagen

Eine Journalistin der Zeitung "Aftonbladet", die zuerst über die Anschuldigungen gegen den Theaterchef berichtet hatte, wies die Vorwürfe zurück. Grundlage des kritisierten Artikels seien rund 40 Zeugenaussagen von Frauen und Männern aus unterschiedlichen Bereichen des Theaters gewesen – "aus journalistischer Sicht ungewöhnlich viel Material". Es sei auch nach Quellen gesucht worden, die den Ehemann der renommierten Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter in anderem Licht darstellen könnten, doch niemand habe sich äußern wollen.

Medien veröffentlichten oft Informationen, die das Leben anderer Menschen veränderten und im schlimmsten Fall zerstörten, schrieb die Journalistin in einem Kommentar in ihrer Zeitung. "Aber es wäre völlig unvernünftig, Fehlverhalten nur deshalb nicht mehr aufzudecken, weil jemand dadurch einen unglücklichen sozialen Absturz riskiert." Trotzdem, forderte sie, müssten alle schwedischen Medien sich selbst und ihren Umgang mit der #MeToo-Debatte überprüfen: "Eine solche Debatte ist nicht zu gewinnen, besonders nicht, wenn sich jemand das Leben genommen hat." (APA, dpa, 26.3.2018)