Wien – Ab 4. April muss sich ein mittlerweile 19-Jähriger in einem Terror-Prozess vor Wiener Geschworenen verantworten, weil er laut Anklage einen zwölfjährigen Buben zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt im deutschen Ludwigshafen anstiften wollte. Der Angeklagte befindet sich seit 14 Monaten in U-Haft und wird dort einem Deradikalisierung-Programm unterzogen.

Ob die so genannten Interventionsgespräche den jungen Mann von der gewalttätig ausgeprägten Form des Islam weggebracht haben, die er vor seiner Festnahme verinnerlicht haben dürfte, erscheint zumindest fraglich. Unlängst wurden in seiner Zelle Zeichnungen gefunden, auf denen dem Vernehmen nach brennende Gebetshäuser und gewaltbereite Glaubenskrieger abgebildet waren. Der vorsitzende Richter hat auf den Fund reagiert. Zur Frage, inwieweit der 19-Jährige nach wie vor ein Sicherheitsrisiko darstellt, soll ein Vertreter des Vereins, der seit 2016 in Kooperation mit dem Justizministerium in Justizanstalten Maßnahmen zur Extremismus-Prävention und Deradikalisierung durchführt, als Zeuge aussagen.

Strengste Sicherheitsvorkehrungen

Das Verfahren am Wiener Landesgericht für Strafsachen findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt und ist auf fünf Tage anberaumt. An sämtlichen Verhandlungstagen gilt für das gesamte Gerichtsgebäude ein Film-und Fotografierverbot. Das Urteil ist für 12. April geplant.

Der Anklage zufolge soll der 19-Jährige dem damals Zwölfjährigen, den er übers Internet kennengelernt hatte, eine Anleitung zum Herstellen einer Bombe geschickt haben, wobei er sich als "Terroristen-Chefkoch" bezeichnete. Er soll dem Strafunmündigen vorgegeben haben, den Anschlag auf einem Weihnachtsmarkt und nicht – wie der Bub ursprünglich beabsichtigt hatte – in einer Kirche zu verüben. Der Zwölfjährige marschierte daraufhin am 26. November 2016 mit einer selbst fabrizierten, in einer Umhängetasche verborgenen Bombe auf einen rund 900 Meter vom Ludwigshafener Rathaus-Center entfernt gelegenen Weihnachtsmarkt. Bis zuletzt soll ihn sein Wiener Gesprächspartner bestärkt haben. "Zieh 'ne fette Jacke an... Dann geh hinter eine Hütte und zünde an und lauf vor", hieß es etwa in einer WhatsApp-Nachricht an den Buben.

Weil es nicht krachte, deponierte der Zwölfjährige den Sprengsatz hinter einem Gebüsch, wo er am 3. Dezember 2016 von der Polizei gefunden wurde. Die sichergestellte Nagelbombe bestand aus einem mit Klebeband umwickelten Gewürzglas, an dem an der Außenseite 41 Nägel befestigt waren. Im Inneren befanden sich weitere elf Nägel. In einem mittig vorhandenen Loch am Deckel des Gewürzglases war eine Wunderkerze fixiert, die als eine Art Zündschnur fungieren sollte.

12-Jähriger via Video als Zeuge

Die Bombe wurde von einem Gutachter untersucht, wobei ihre Funktionstüchtigkeit mittels eines Nachbaus getestet wurde. Dabei konnte festgestellt werden, "dass es sich um eine funktionsfähige Brandvorrichtung handelte, die abgesehen von der durch die Sprengung verursachten Schäden zudem ein Entzünden von Kleidungsstücken von in der Nähe befindlichen Personen befürchten lässt", wie der Anklageschrift zu entnehmen ist.

Der Zwölfjährige kann aufgrund seines kindlichen Alters strafrechtlich nicht zu Verantwortung gezogen werden. Er soll im Wiener Verfahren im Wege der Amtshilfe mittels einer Videokonferenz als Zeuge befragt werden.

Verfahrensgegenständlich sind außerdem Anschlagspläne, die der 19-Jährige laut Anklage gemeinsam mit einem 22-Jährigen aus Neuss (Nordrhein-Westfalen) wälzte. Der Deutsche steht – gemeinsam mit einer 17-Jährigen, die nach islamischem Recht mit dem jungen Wiener verheiratet war und jenen unterstützt haben soll – seit Ende Februar wegen schwerer staatsgefährdender Straftaten in Düsseldorf vor Gericht. Er soll dem 19-Jährigen 2016 in Neuss Unterschlupf gewährt haben und gemeinsam mit diesem testweise einen Sprengsatz in einem Neusser Park gezündet haben. Die beiden beabsichtigten der Staatsanwaltschaft zufolge im weiteren Verlauf mit einer selbst gebauten Bombe Anschläge auf Soldaten in Deutschland durchzuführen.

Was der Angeklagte sagt

Der 19-Jährige hat im Ermittlungsverfahren die ihm vorgeworfene Anstiftung zum Mord in Bezug auf den Zwölfjährigen bestritten. Zu seinen eigenen Anschlagsplänen behauptete er, er hätte diese sieben bis acht Wochen vor seiner Festnahme aufgegeben, dies aus "Feigheit" seinen Gesinnungsgenossen gegenüber aber nicht zugegeben. (APA, 27.3.2018)