Anti-Terror-Staatsanwalts François Molins.

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"Was ist real?", eine gute, keine leichte Frage. Gestellt wird sie gegenwärtig vom renommierten Dokumentarfilmfestival Cinéma de réel in Paris. In einem soeben erschienenen Buch gehen die meisten Filmemacher bei der Antwort lieber Umwege. Manche schicken ein Foto, andere, wie der Franzose Bruno Dumont, betonen, dass das Reale, dieses "Ökoplasma", ohne die Mittel der Fiktion nie lesbar werden würde.

Ein zweckdienliches Realitätsexperiment bietet in einem solchen Fall immer der Fernseher im Hotelzimmer. Man zappt sich durch, bis die erste Nachrichtensendung über das Land berichtet. Wir wurden schnell fündig: "Les banlieues, foyers de salafisme?", heißt es auf dem Newssender LCI. Mit dem Terrorattentat von Trèbes ist die Islamismusdebatte also wieder in den Vorstädten an gelangt. Wie man den haus gemachten Terror hinkünftig verhindern will, steht zur Diskussion.

Die Bildaufteilung des Splitscreens drängt die Diskutanten jedoch an den Rand, man scheint der Wirkung ihrer schon oft wiederholten Argumente nicht recht zu trauen. Den größeren Bildausschnitt nehmen Aufnahmen von Rechnern ein, Daten, Listen, Polizisten am Telefon, ein einziges Techno-Regime, das uns sagen möchte: Alles unter Kontrolle. Doch wer kann daraus verlässlich lesen, was real wird und was nicht?

Ein Insert kündet bereits eine Pressekonferenz des Anti-Terror-Staatsanwalts François Molins für den Abend an. Dort wird er dann sagen, dass der monatelang überwachte Täter keine Anzeichen dafür geliefert hätte, dass er einen Terrorakt plant. Wir blicken auf den Spiegel neben dem Fernseher, der wie ein Splitscreen ungelogen aus sieben Teilen besteht. Welches Bild ist irrealer? (Dominik Kamalzadeh, 27.3.2018)