Deborah Hazler (re.) und Macarena Campbell bereiten sich auf ihre Tanzperformance "Something for the Heart / Algo para el corazón" vor. Anders als auf diesem Promobild sind die Vorderseiten ihrer Herzmasken im Stück verspiegelt.

Foto: Rodrigo Chaverini

Wien – Endlich geht es in einem zeitgenössischen Tanzstück wieder einmal um die Liebe. Die Österreicherin Deborah Hazler und die Chilenin Macarena Campbell öffnen ihre Herzen in ihrem intimen Duett Something for the Heart / Algo para el corazón, das noch einmal, heute, Freitag, im Tanzquartier Wien (TQW) gezeigt wird.

Hazler und Campbell richten sich dem Programmtext zufolge gegen die romantische Liebe und stellen dieser eine schmerzfreie "Light"-Version mit einem Mehr an Glück entgegen. Dafür setzen sich die Tänzerinnen große Herzen wie Masken mit Ausschnitt für das Gesicht auf. Das erinnert an die herzigen Blumengesichter in Walt Disneys Trickfilm Alice in Wonderland von 1951, an die tanzenden Kartensoldaten, deren Köpfe aus umgedrehten Herzen geformt sind, und an die Frisur der Herzkönigin in Tim Burtons Film Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln von 2016.

Masken und Spiegelbilder

Die Vorderseiten der Herzmasken bei Hazler/Campbell sind verspiegelt, die Rückseiten dagegen rot gefärbt. Eine wunderbare Symbolik, denn so gerät das ambivalente "Herzblut" aus dem Blick, in den Fokus kommt dafür die Medialisierung der Liebe: Wenn die Tänzerinnen einander gegenüberstehen, sehen sie in der Maske der jeweils anderen ihr eigenes Spiegelbild. So einfach und schlüssig lässt sich der kommerzialisierte Narzissmus im Supermarkt der Liebe zu Zeiten von Tinder und Polyamorie darstellen.

Im Stück haben die beiden Figuren, die inmitten ihres auf dem Boden sitzenden Publikums performen, nur sich und ihre Zuschauer. Hazler und Campbell vollziehen eine komplizierte Choreografie der Annäherung, bis sie durch ihre Spiegel hindurchwollen, einander dabei aber im Weg stehen. Ineinander verhakt beginnen sie zu rangeln.

"Liebe light" ist eine Falle

Die begehrte Person wird zum Hindernis, also richtet sich Campbells Blick ins Publikum. Damit kommt ein berühmter Trick aus der Pornofilmkiste ins Spiel: Einer der Darsteller schaut während des ausgestellten Akts in die Kamera, um die Voyeure hinter ihren Bildschirmen ins Geschehen miteinzubeziehen. Dieses performative Zitat und die Narkissosmasken kippen Something for the Heart / Algo para el corazón ins Unheimliche.

Konsequent vermied das Publikum bei der Premiere, die Herzmasken aufzusetzen, nachdem Hazler und Campbell diese abnahmen und ihren Zuschauern anboten. Vielleicht, weil die Herzköniginnen so klar vermittelt hatten, dass "Liebe light" eine egomanische Kommerzfalle ist. (Helmut Ploebst, 30.3.2018)