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Österreichs Klimaschutzbestrebungen sind wenig ambitioniert.

Foto: REUTERS/Bernadett Szabo

Alles ist sehr kompliziert. Diese Feststellung, die der 2008 verstorbene Altkanzler Fred Sinowatz (SPÖ) bei der Regierungserklärung 1983 traf, hat 35 Jahre später nichts an Gültigkeit verloren. Mit einem Unterschied: In den 1980er-Jahren war die Politik hauptsächlich mit saurem Regen und Waldsterben beschäftigt. Beides konnte dank beherztem Vorgehen gegen die Schwefeldioxidemissionen aus Industrieschornsteinen erfolgreich bekämpft werden.

Nun ist es die Erderwärmung, die dem Planeten zusetzt und die Lebensgrundlage von zig Millionen Menschen bedroht. Auch Österreich bleibt nicht ausgespart. Von beherztem Vorgehen ist aber bisher nichts zu spüren. Österreich wird, so viel ist schon fix, die für das Jahr 2020 gesteckten Ziele von mehr erneuerbaren Energien, weniger CO2-Ausstoß bei deutlich verbesserter Energieeffizienz verfehlen. Das hat zwar unmittelbar keine Konsequenzen, blamabel ist es für das Umweltmusterland, als das sich Österreich gerne verkauft, aber allemal.

Zieht man den jetzt vorliegenden Entwurf für eine integrierte Energie- und Klimastrategie als Maßstab heran, wird die großspurig angekündigte Dekarbonisierung bis 2050 erst recht ein Rohrkrepierer. Um das klimaschädliche CO2 aus dem Wirtschaftskreislauf zu zwingen, müssten Gebäude saniert, der Individualverkehr zurückgedrängt und die Produktionsweise verändert werden. Wie aber liest sich das Papier? Schwammig, uninspiriert, voll von Allgemeinplätzen.

Beispiele gefällig? "Neue Investitionen in langlebige Infrastrukturvorhaben, deren Nutzung fossile Energie bedingt, sind zu vermeiden, da sie der Erreichung von Klima- und Energiezielen entgegenstehen und volkswirtschaftlich kontraproduktiv sind." No na, kann man nur sagen. Allerdings findet sich weit und breit kein Hinweis, wie dies konkret gehen soll. Dass die Mineralölindustrie den Tausch alter gegen neue Kessel noch immer mit barem Geld fördert, scheint niemanden zu irritieren.

Oder: "Steuerliche Anreizsysteme und Förderungen für effizientere und emissionsärmere Fahrzeuge und Mobilitätssysteme sollen ausgebaut und optimiert werden." Allein – es findet sich nirgendwo ein Hinweis, dass die steuerliche Begünstigung von Heizöl, Diesel und Kerosin demnächst fällt.

Allemal sparen könnte man sich die Arbeitsgruppe, die unter Leitung des Finanzministeriums bis Juni 2019 eine Liste von Subventionen erstellen soll, die den Energie- und Klimazielen zuwiderlaufen. Diese Liste gibt es schon. Man müsste nur beim Wirtschaftsforschungsinstitut anrufen. Dort hat man vor zwei Jahren die umweltschädlichen Förderungen des Bundes aufgelistet. Zwischen 3,8 Milliarden und 4,7 Milliarden Euro machen die demnach pro Jahr aus. Schon damals wollte die rot-schwarze Regierung nichts davon wissen. Das scheint sich unter Türkis-Blau fortzusetzen.

Ambitioniert schaut anders aus. Dass sich bis zum Beschluss der Strategie im Juni noch etwas zum Besseren wendet, ist unwahrscheinlich. Der Entwurf trägt weniger eine politische Handschrift als vielmehr jene von Wirtschaftskammer und Industrie. Diese mächtigen Interessengruppen werden auch auf den letzten Metern nicht lockerlassen. Dabei wäre es gar nicht kompliziert, Österreich mit seinem breiten Know-how bei erneuerbaren Energien in die Poleposition zu bringen. Man müsste es nur wollen. So droht Österreich statt der grünen die rote Laterne umgehängt zu bekommen. (Günther Strobl, 29.3.2018)