Was passiert, wenn das Wort "Blau" in Rot auf einem gelben Bild steht? Welche Farbe behauptet sich dann in unserem Kopf: die, die das Wort benennt, oder doch die, in der es erstrahlt?

Seit Mitte der 1980er-Jahre geht Josef Bauer mit Variationen seiner Zweifarbenbilder diesen semantischen Fragen nach. Zunächst verwendete er dafür noch die Farben Rot, Blau und Gelb, dann immer feinere Farbnuancen, um schließlich 2015 bei einem monochrom weißen Bild und dem Titel Zweifarbenbild "blau" zu landen.

Von Klingen und Klängen: Aus Josef Bauers Fotoserie "Die Sprache des Herzeigens" (1969)
Foto: Rudolf Strobl

In der Galerie Krobath ist das Bild derzeit in der Ausstellung Die Sprache des Zeigens zu sehen. Steht man davor, glaubt man zunächst, dass sich vielleicht doch noch ein "Blau" von der weißen Fläche abhebt. Tatsächlich tritt aber nur eines deutlich zutage: dass ein Wort und das, was es bezeichnet, nicht immer zusammengehen.

Im OEuvre des 1934 in Wels geborenen Künstlers spielte von Anfang an eine grundlegende Skepsis gegenüber der Sprache eine wichtige Rolle. Wie andere Autoren der Nachkriegszeit hat auch Josef Bauer daran gezweifelt, dass die Welt durch Sprache objektiv darstellbar oder beschreibbar ist. Bereits in den 1950ern arbeitete er im Umfeld der Wiener Gruppe und setzte sich mit Konkreter Poesie auseinander. In seiner Arbeit gibt es jedoch einen Unterschied: Bauer hat seine Gedichte nicht mit einem Stift auf Papier, sondern mit Buchstabenobjekten in der Landschaft platziert.

Fundholz (genauer gesagt "entwurmtes Birnenholz") von Josef Bauer in wunderbar Minimalistisches transformiert: "Spuren der Zeit, 2016"
Foto: Rudolf Strobl

In der Ausstellung bei Krobath weist eine Fotografie aus der Serie Körpergalerie (1974) darauf hin, dass es dem Künstler in seiner Auseinandersetzung mit Sprache immer um das Anfassen und die Sinnlichkeit ging. Abgebildet ist darauf eine Frau, die ein Objekt "K" so fest und innig umklammert, als ob daran ihr Leben hinge. Bauer nannte diese Arbeiten Taktile Poesie. Er hat sich für das Verhältnis zwischen Körper und Skulptur interessiert und sein Publikum – bereits viele Jahre vor Franz West – zur Interaktion mit seinen Objekten (unter anderem einer Nackenstütze) animiert.

In der Galerie wird seiner bemerkenswert frühen Zusammenführung der unterschiedlichen Disziplinen mit Arbeiten an den Schnittstellen von Bildhauerei, Performance und Malerei Rechnung getragen. Mit dem Titel Die Sprache des Herzeigens wird etwa eine performative Fotoarbeit aus den 1960er-Jahren zitiert: Darauf zu sehen sind Hände, die Alltagsobjekte wie ein Tuch, eine Schere oder ein Kreuz in die Kamera halten. Die Gesten erinnern an die Zeichensprache von Lotsen und wirken, als hätte Bauer mit Alltagsobjekten ein Alphabet jenseits sprachlicher Mittel verfasst.

Reizvolle Notizen eines Malers: "Merkzettel – Haupt- und Nebenbilder", (ca. 1994) von Josef Bauer.
Foto: Rudolf Strobl

Dass das Gestische auch in Bauers Malerei eine Rolle spielt, ist dementsprechend nicht ganz überraschend: Merkzettel – Haupt- und Nebenbilder (1995) heißt etwa eine Arbeit, die aus zwölf gleich großen, mit dicken Farbschichten überarbeiteten Notizen besteht. An Hierarchien, Konventionen oder auch Statischem war Bauer aber sichtlich nie interessiert. Gleichzeitig lehnt ein großes, rotes "A" in der Ecke. Bauer hat das Buchstabenobjekt in einen Farbträger (2014) verwandelt, der an der Schnittstelle von konzeptuellen, malerischen und bildhauerischen Verfahren geradezu exemplarisch für sein gesamtes Werk ist. (Christa Benzer, 9.4.2018)