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Politsatire aus der Spraydose: Luigi Di Maio und Matteo Salvini – noch auf politischem Schmusekurs.

Foto: AP/Andrew Medichini

Ich telefoniere inzwischen öfter mit Luigi Di Maio als mit meiner Mutter", hatte Matteo Salvini vor kurzem offenbart. Danach hatten sich die Kontakte zwischen dem 45-jährigen Lega-Chef und dem erst 31-jährigen Premier-Anwärter der Fünf-Sterne-Bewegung noch einmal deutlich intensiviert. Bei der Wahl der neuen Präsidenten von Senat und Abgeordnetenkammer am vergangenen Wochenende haben Salvini und Di Maio dann einen Pakt geschlossen und den übrigen Parteien demonstriert, wer im neuen Parlament in den kommenden Jahren das Sagen hat: die von ihnen geführten populistischen Anti-Establishment-Parteien.

Eine entscheidende Hürde hatte eine mögliche Regierung von Protestbewegung und Lega ebenfalls bereits genommen: Der Gründer und Guru der Fünf-Sterne-Bewegung, Beppe Grillo, hat einer eventuellen Regierung mit der stark rechtslastigen Lega zugestimmt. "Salvini ist einer, der Wort hält, wenn er etwas sagt. Das ist selten", erklärte der Ex-Komiker. Die Anführer der anderen Parteien, namentlich Silvio Berlusconi von der rechten Forza Italia und Matteo Renzi vom linken Partito Democratico (PD), sind für Grillo nur Gauner und Versager, die das Land heruntergewirtschaftet hätten. Salvini hat die Komplimente des Ex-Komikers umgehend erwidert: "Die Grillini haben sich bisher als vertrauenswürdig erwiesen", erklärte der Lega-Chef.

"Horrorszenario"

Gemeinsam kommen die "Grillini" und die Lega in beiden Parlamentskammern auf eine absolute Mehrheit. Der Wille zur Macht ließ auch die politischen Differenzen verblassen – und dafür die Gemeinsamkeiten umso stärker hervortreten. Diese bestehen in der Ablehnung der bisherigen Politik, in der Euphorie über den Wahlerfolg und im Wunsch, einen radikalen Neuanfang zu versuchen. Neu geordnet werden soll insbesondere das Verhältnis Italiens zu Europa und zur Gemeinschaftswährung, die sowohl von der Protestbewegung als auch von der Lega kritisch gesehen werden.

Vieles deutete also darauf hin, dass in Rom jene Lösung Wirklichkeit würde, die in Brüssel und Berlin gemeinhin als "Horrorszenario" bezeichnet wird – eine europakritische Populisten-Regierung, die den Wählern nicht finanzierbare Versprechen gemacht hatte. Doch nun stellt ein Hahnenkampf diese Lösung infrage: Sowohl Di Maio als auch Salvini wollen Regierungschef werden. Di Maio begründet seinen Anspruch damit, dass die Protestbewegung bei den Wahlen vom 4. März mit 32 Prozent stärkste Einzelpartei geworden ist. "Ich bin als Premier-Kandidat von elf Millionen Italienern gewählt worden. Der Volkswille muss respektiert werden", erklärte er am Donnerstag.

Salvini, dessen Lega 17 Prozent erzielte, ist wiederum der Leader der Mitte-rechts-Koalition, der auch Berlusconis Forza Italia und Giorgia Melonis postfaschistische Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) angehören. Das Rechtslager kam bei den Wahlen auf insgesamt 37 Prozent. "Es ist klar, dass wir als stärkste Koalition den Premier stellen müssen", erklärte Salvini. Als mögliche Lösung des Premier-Problems sehen Beobachter einen Kompromiss: Di Maio und Salvini könnten sich auf eine Drittperson einigen, die beiden genehm wäre und vielleicht auch den Segen von Staatspräsident Sergio Mattarella erhielte. Salvini hat bereits angedeutet, dass er nicht um jeden Preis an die Regierungsspitze wolle – aber Di Maio müsse seinen Anspruch ebenfalls aufgeben.

Spaltpilz Berlusconi

Ein weiteres Problem ist Silvio Berlusconi: Die Grillini wollen keine Regierungskoalition eingehen, in welcher sich auch der Ex-Premier befindet. Salvini wiederum will Berlusconi nicht aufgeben, weil er sonst gegenüber den Grillini nur der Junior-Partner wäre. Die Regierungsbildung verspricht also kompliziert zu werden, zumal sich der sozialdemokratische PD von Noch-Regierungschef Paolo Gentiloni bisher auf eine künftige Oppositionsrolle festgelegt hat. Di Maio und Salvini verhandeln aber hinter den Kulissen weiter an einem gemeinsamen Regierungsprogramm. Di Maio drängt darauf, als Erstes die in Italien fürstlich hohen Parlamentariergehälter zu halbieren.

Mit einem solchen Einstieg, so viel steht fest, würde die neue Regierung im ganzen Land große Sympathien gewinnen. Über Ostern ist im Hinblick auf die Regierungsbildung ein offizielles Treffen zwischen Di Maio und Salvini vorgesehen, bei dem sich entscheiden könnte, ob es zur einer gemeinsamen Regierung kommen wird. Beide haben erkennen lassen, dass sie sich – falls es nicht zu einer Einigung kommen sollte – nicht vor Neuwahlen fürchten würden. Die Konsultationen bei Staatspräsident Mattarella zur Regierungsbildung werden am 4. April beginnen. (Dominik Straub aus Rom, 31.3.2018)