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Mitarbeiter des US-Konsulats in St.Petersburg packen die Stars and Stripes ein.

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Die britische Botschaft müsse ihr Personal um mehr als 50 Diplomaten reduzieren, teilte das russische Außenministerium am Samstag in Moskau mit.

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In Russlands nördlicher Metropole St. Petersburg sollten US-Diplomaten bis Samstagabend das für geschlossen erklärte Generalkonsulat räumen.

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Die russische Botschaft in London warf der britischen Regierung am Freitag eine klare Verletzung ihrer Verpflichtungen gemäß des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vor.

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Moskau/London – Die russische Regierung verschärft ihre diplomatischen Sanktionen gegen Großbritannien: Die britische Botschaft müsse ihr Personal um mehr als 50 Diplomaten reduzieren, teilte das russische Außenministerium am Samstag in Moskau mit. Die Forderung war bereits bekannt, allerdings nannte Moskau bisher keine Zahl.

Mit der Maßnahme solle "Gleichheit" hergestellt werden, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa zu Nachrichtenagentur AFP. Erreicht werden solle, dass Großbritannien und Russland die gleiche Zahl von Diplomaten im jeweils anderen Land hätten. Derzeit habe "die britische Seite noch über 50 Leute mehr", sagte die Sprecherin.

Bereits am Freitag wurde Großbritanniens Botschafter in Moskau, Laurie Bristow, dem russischen Außenministerium zufolge mitgeteilt, dass die Regierung in London einen Monat Zeit hat, die Zahl der diplomatischen Vertreter in Russland auf die selbe Zahl russischer Vertreter in Großbritannien zu reduzieren. Wie groß die Einschnitte sind, war zunächst nicht klar.

ORF-Korrespondentin Carola Schneider berichtet aus Moskau über mögliche Folgen der Diplomaten-Ausweisungen
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Moskau drängt auf Antworten aus London

Russland hat Großbritannien außerdem aufgefordert, 27 Fragen zum Fall des in England vergifteten Ex-Doppelagenten Sergej Skripal zu klären. Der Fall hat die Beziehungen Russlands zu den westlichen Staaten erheblich verschlechtert und zur gegenseitigen Ausweisung Dutzender Diplomaten geführt. Die US-Regierung hat Russland angeboten, die aus den USA ausgewiesenen Diplomaten durch andere zu ersetzen.

Die russische Botschaft in London warf der britischen Regierung am Freitag eine klare Verletzung ihrer Verpflichtungen gemäß des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vor, weil sie offene Fragen in dem Fall nicht beantworte. Sie zählte 27 konkrete Fragen auf. Dabei ging es um politische Angelegenheiten wie die Verweigerung des Zugangs russischer Diplomaten zu Skripal und die Frage, wie die politischen Sanktionen mit der Aussage von Scotland Yard vereinbar seien, dass die Ermittlungen noch Monate in Anspruch nehmen würden.

Offene Fragen

Es ging aber auch um konkrete Fragen nach den verabreichten Gegenmitteln oder dem Ort der Vergiftung. "Nervengifte wirken eigentlich sofort. Warum war das nicht bei den Skripals der Fall?", heißt es. "Mit welchen Methoden haben Experten die Substanz (das Gift) so schnell identifiziert?" Und woher hätten sie den Stoff zum Testen der Substanz gehabt?

Skripal und seine Tochter Julia waren nach britischen Angaben vor fast vier Wochen mit einem in der Sowjetunion produzierten Kampfstoff vergiftet worden. Der Ex-Agent befindet sich noch in einem kritischen Zustand. Julia Skripal gehe es deutlich besser. Die 33-jährige Russin, die ihren Vater nur in England besucht hatte, könne wieder essen und trinken, heißt es. Großbritannien gibt Russland die Schuld an dem Vorfall, Moskau bestreitet dies. Der Fall führte zur Ausweisung von mehr als 140 russischen Diplomaten aus westlichen Staaten.

USA und Russland: Koffer bereits gepackt

Russische und US-amerikanische Diplomaten haben ihre Ausreise indes bereits vorbereitet. In Russlands nördlicher Metropole St. Petersburg sollten US-Diplomaten bis Samstagabend das für geschlossen erklärte Generalkonsulat räumen.

Aus den USA sollten im Lauf des Tages 60 des Landes verwiesene russische Diplomaten und ihre Familien mit zwei Sonderflügen abgeholt werden. Das sagte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, der Agentur Interfax. Das russische Konsulat in Seattle an der US-Westküste wurde geräumt.

60 russische Diplomaten aus USA ausgewiesen

Im Zuge der gegenseitigen Ausweisungen von Botschaftspersonal sollen die US-Geheimdienste nach Moskauer Angaben versuchen, russische Diplomaten anzuwerben. Die US-Dienste böten den Diplomaten Hilfe "auf Gegenseitigkeit" an, erklärte das russische Außenministerium. "Unsere Kollegen werden buchstäblich attackiert mit solchen Anträgen." Eine Stellungnahme der USA gab es dazu zunächst nicht.

Hingegen sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums am Freitag, die USA haben 48 russische Geheimdienstoffiziere ausgewiesen, aber sie verlangen nicht von der russischen Vertretung, die Gesamtzahl ihres Personals zu reduzieren. Die russische Regierung könne frei entscheiden, wen sie auf die frei gewordenen Posten setze, fügte er hinzu. Jedes Ansuchen um Akkreditierung eines Diplomaten werde einzeln geprüft.

Die USA hatten im Fall Skripal 60 russische Diplomaten in den USA und bei den Vereinten Nationen zu unerwünschten Personen erklärt. Außerdem wurde ein Konsulat geschlossen. Moskau wies daraufhin am Donnerstag 60 US-Diplomaten aus und verfügte die Schließung eines Konsulats. Insgesamt wiesen westliche Staaten in dem Streit mehr als 140 russische Diplomaten aus.

Russland zahlt grundsätzlich in gleicher Münze zurück. So muss Deutschland im Gegenzug zur Ausweisung von russischen Diplomaten vier Gesandte aus Russland heimholen.

Australien: Keine Rechtfertigung für russische Aktion

Australiens Premier Turnbull bezeichnete die Ausweisung zweier australischer Diplomaten aus Russland am Samstag als "enttäuschend, wenn auch nicht unerwartet". In einer gemeinsamen Stellungnahme mit Außenministerin Julie Bishop sagte er, es gebe keine Rechtfertigung für die russische Aktion. Zuvor hatte Australien zwei russische Diplomaten aus der Hauptstadt Canberra ausgewiesen.

Das Vorgehen gegen Moskau ist in der EU umstritten. Mehrere Staaten, darunter Österreich, haben sich nicht an den Diplomatenausweisungen beteiligt.

Am Londoner Flughafen Heathrow wurde Medienberichten zufolge unterdessen eine Maschine der russischen Fluglinie Aeroflot durchsucht. Die russische Botschaft in London verurteilte die Durchsuchung am Freitag als "eine weitere offensichtliche Provokation durch die britischen Behörden" und forderte vom Außenministerium eine Erklärung für den Vorgang, wie die Nachrichtenagentur Tass berichtete. Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Durchsuchung und dem Fall Skripal gibt, war zunächst unklar. (APA, dpa, 31.3.2018)