Berlin – Der deutsche Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat vor einer Zunahme des Antisemitismus durch die Migration gewarnt. Antisemitismus sei zwar "kein speziell muslimisches Problem", sagte Schäuble den Funke-Zeitungen vom Samstag. "Aber jetzt wird er auch durch Migration und durch den von radikalen Kräften in der islamischen Welt geschürten Hass auf Israel wieder stärker." Schäuble widersprach zugleich Innenminister Horst Seehofer (CSU), der gesagt hatte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland.

Es gebe "die wachsende Sorge, dass radikale Muslime in Europa einen auch vom Antizionismus gespeisten, irrationalen Hass auf Juden verbreiten", sagte Schäuble. "Das geschieht besonders in Frankreich, aber auch in Deutschland." Dies zeige, "wie groß die Aufgabe für freiheitliche Gesellschaften ist, Errungenschaften wie Toleranz und Religionsfreiheit unter den Bedingungen des schnellen Wandels und dieser gewaltigen Migration durchzusetzen".

"Stresstest"

"Das ist der große Stresstest für die westlichen Demokratien", sagte der Bundestagspräsident. Er betonte aber auch, in den muslimischen Gemeinschaften gebe es viele Menschen, die ein "starkes Engagement gegen Antisemitismus zeigen".

Mit Blick auf die Debatte zur Rolle des Islam in Deutschland widersprach Schäuble Innenminister Seehofer: "Wir können nicht den Gang der Geschichte aufhalten. Alle müssen sich damit auseinandersetzen, dass der Islam ein Teil unseres Landes geworden ist."

Die Muslime müssten sich klarmachen, "dass sie in einem Land leben, das nicht von muslimischen Traditionen geprägt ist", sagte er. "Und der Rest der Bevölkerung muss akzeptieren, dass es in Deutschland einen wachsenden Anteil von Muslimen gibt."

Grünen-Chef Robert Habeck forderte Seehofer auf, seine Aussage zum Islam zurückzunehmen. "Er ist der Chef eines Verfassungsministeriums und in Deutschland gilt Religionsfreiheit", sagte Habeck der "Passauer Neuen Presse" vom Samstag. "In einer Zeit, in der wir Anschläge auf Synagogen und Moscheen erleben, sind solche Aussagen unnötig, sogar gefährlich." Ihm sei klar, dass Seehofer "mit solchen Sprüchen den Rechtspopulismus das Wasser abgraben will", sagte der Grünen-Vorsitzende. "Aber das erreicht er so nicht." (APA, 31.3.2018)