Der Graviationslinseneffekt enthüllte einen Stern, der einige Jahre zuvor noch nicht sichtbar gewesen war.
Foto: NASA, ESA & P. Kelly (University of Minnesota)

Genf/Saint Paul – Ein internationales Forschungsteam hat einen Stern entdeckt, der so weit von uns entfernt ist wie kein anderer je zuvor beobachteter. Sein Licht, das nun bei uns eingetroffen ist, hat sich vor 9,3 Milliarden Jahren auf den Weg gemacht. Inzwischen wäre der Stern aufgrund der Expansion des Universums sogar schon etwa 14,4 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt – allerdings muss er schon längst vergangen sein.

Normalerweise wäre ein Einzelstern in einer solchen Entfernung nicht mehr beobachtbar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass MACS J1149+2223 Lensed Star 1 – Spitzname "Ikarus" – als Blauer Überriese klassifiziert wurde und mehrere tausend Mal stärker leuchtet als unsere Sonne.

Nachgeholfen

Die Sichtung gelang nur aufgrund des Gravitationslinseneffekts, wie die Universität Genf berichtet. Der Gravitationslinseneffekt kommt zustande, wenn ein Objekt mit großer Masse wie etwa eine Galaxie zwischen dem Beobachter und dem Stern, den dieser anvisiert, vorbeizieht. Die Masse im Vordergrund verstärkt dabei das Licht, das der Stern abstrahlt. So konnten nun gleich zwei extrem weit entfernte Sterne entdeckt werden – einer davon der neue Rekordhalter in Sachen Distanz.

Im diesem Fall war die Masse ein ganzer Galaxienhaufen, der sich rund fünf Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. Der Astronom Patrick Kelly der Universität Minnesota und seine Kollegen der Universität Genf und der ETH Lausanne machten sich diese Gravitationslinse zunutze, um den Stern mit dem Hubble-Teleskop zu beobachten. Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift "Nature Astronomy".

"Wir haben zum ersten Mal einen Stern beobachtet, der um die neun Milliarden Lichtjahre weit weg ist", sagt Jean-Paul Kneib, Professor im Astronomie-Labor der ETH Lausanne. Ikarus "befindet sich mindestens 100 Mal weiter weg als der bisher entlegenste Stern, den wir bis anhin studieren konnten, abgesehen von den Explosionen der Supernovae", so Kelly.

Glücksfall

Im Fall von Ikarus verstärkten die Galaxien im Vordergrund das Licht des Sterns um den Faktor 2000 statt um den Faktor 600, wie zu erwarten gewesen wäre. Deshalb gehen die Forscher davon aus, dass die Galaxien nicht alleine für diesen Effekt sorgten. Es sei anzunehmen, dass ein anderer Stern in günstiger Position den Effekt verstärkt habe.

Ein solch seltenes Phänomen zu beobachten ist für die Wissenschafter ein Glücksfall. "Wir haben dadurch enorm viele Informationen über den Stern und seine Umgebung sammeln können", sagt Antonio Cava vom Departement für Astronomie der Universität Genf. (APA, red, 3. 4. 2018)