Geht nicht in die Landesregierung: Christian Benger gab am Mittwoch seinen Rückzug als Kärntner ÖVP-Chef bekannt.

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Vergangenen Freitag schien noch alles auf Schiene: Peter Kaiser (li.) und Christian Benger gratulierten einander zur Grundsatzeinigung auf eine Koalition. Jetzt ist Benger nicht mehr an Bord.

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Klagenfurt/Wien – Peter Kaiser ist normalerweise niemand, der öffentlich auf den Tisch haut und starke Sprüche klopft. Die Entscheidung Christian Bengers, als Landesparteichef der Kärntner ÖVP zurückzutreten und auch nicht als Landesrat der nächsten Regierung anzugehören, sorgte beim roten Landeshauptmann am Mittwoch aber für Empörung.

"Das ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht, das ist ein Totschlag", polterte Kaiser im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Kärntner ÖVP hat einen neuen Obmann. Der 34-jährige Martin Gruber, Bürgermeister aus Kappl am Krappfeld, folgte Mittwochnacht Christian Benger nach, der überraschend zurückgetreten ist.
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Kaiser fühlt sich von den Schwarzen hinters Licht geführt. Am Ende der Sondierungsgespräche mit der ÖVP habe man explizit die Frage gestellt, ob die personelle Kontinuität gewahrt bleibe, erzählt Kaiser. Das gesamte elfköpfige VP-Verhandlungsteam habe das ausdrücklich bejaht.

Nun ist aber alles anders. Wenige Tage nach der Grundsatzeinigung mit der SPÖ gab Benger seinen Rücktritt als Parteichef bekannt, eine "persönliche Entscheidung", wie er in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz erklärte. Sein Landtagsmandat will er aber annehmen. Aus Bengers Sicht soll sich auch nichts an der Koalitionszusage ändern. Der ausverhandelte (aber noch nicht im Detail ausformulierte) Koalitionspakt sei nicht gefährdet. "Das ist nicht von einzelnen Köpfen abhängig."

Gruber als Nachfolger nominiert

Bei der ÖVP trat am Abend der Vorstand in einem Klagenfurter Hotel zusammen. Dort wurde der 34-jährige Bürgermeister von Kappel am Krappfeld (Bezirk Sankt Veit an der Glan), Martin Gruber, als Nachfolger nominiert. Er war auch Teil des ÖVP-Verhandlungsteams und fuhr bei der Landtagswahl am 4. März mit 3.375 die meisten Vorzugsstimmen der ÖVP-Kandidaten ein.

Gruber wird vorerst als geschäftsführender Parteiobmann fungieren, er wurde in der Vorstandssitzung laut APA-Informationen mit nur einer Gegenstimme gewählt. Endgültig gekürt wird er dann bei einem Landesparteitag.

Kaiser vermutet "Order aus Wien"

ÖVP-Bundesparteichef Sebastian Kurz, der offiziell nur mitteilte, Bengers Entscheidung "zu respektieren", wird von Kaiser als heimlicher Drahtzieher der Aktion gesehen. "Benger wäre gern geblieben, er muss massivst unter Druck gesetzt worden sein", mutmaßt Kaiser. "Es muss eine Order aus Wien gegeben haben."

SPÖ stellt ÖVP Bedingungen

Die SPÖ rief ihre Vorstandsmitglieder am Mittwochabend in die Parteizentrale und stellte danach eine Reihe von Bedingungen an die ÖVP, bei deren Erfüllung es eine rot-schwarze Koalition geben kann. So verlangt die SPÖ, das laut der neuen Landesverfassung eigentlich vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung auszusetzen.

Wörtlich heißt es: "Bis zum Abend des 5. April verlangt die SPÖ Kärnten einen Beschluss des ÖVP-Parteivorstandes, der neben dem Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip in der künftigen Landesregierung auch vollen Einsatz seitens der ÖVP Kärnten bei der Bundesregierung für die Umsetzung von wichtigen Kärnten-Projekten" vorsehe.

Kaiser zeigte sich aber davon überzeugt, dass das erarbeitete Regierungsprogramm für Kärnten sehr positiv wirken würde. "Deswegen gebe ich der ÖVP die Chance, sich das massiv erschütterte Vertrauen wieder zu erarbeiten."

"Jedes Vertrauen verloren"

Fragen, ob er nun mit der FPÖ oder dem Team Kärnten verhandeln wolle, wich Kaiser vor Beginn der Sitzung aus.

Der Tenor der Rückmeldungen sei aber eindeutig, sagt Kaiser: "Bei mir geht das E-Mail über. Viele sagen mir, das ist ein Wahnsinn, was die ÖVP da macht." Zusatz: "Es gab schon vorher viele, die gemeint haben: Der ÖVP darf man nicht trauen." Diese Gruppe fühle sich jetzt bestätigt. Klar sei, dass nun "jedes Vertrauen verloren ist", er fühle sich auch nicht mehr an das Verhandlungsergebnis gebunden, so Kaiser.

Sowohl die FPÖ als auch Gerhard Köfer vom Team Kärnten hatten sich nach der Wahl als Partner angeboten. Möglich wäre jede Variante. Die SPÖ kommt im 36-köpfigen Landtag auf 18 Mandate, es fehlt also nur ein Mandat auf die Mehrheit. (Günther Oswald, 4.4.2018)