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Foto: Mike Blake / REUTERS

Ein Meilenstein für die europaweite Nutzung von Streaming-Angeboten; ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem echten digitalen Binnenmarkt; eine Regel, die endlich die Interessen der Nutzer in den Mittelpunkt stellt: Mit solch starken Worten bewarben Vertreter der EU-Institutionen seit Wochen jene Anti-Geoblocking-Richtlinie, die mit 1. April in Kraft getreten ist. Einige Tage später gilt es nun eine erste Bilanz zu ziehen – und diese fällt deutlich weniger begeistert aus.

Netflix

In der Praxis stellt die neue Geoblocking-Regel für die breite Masse der Nutzer kaum einen Vorteil dar, birgt aber unerfreuliche Nachteile, wie das Beispiel Netflix zeigt. Wer sich bisher darauf freute, zumindest im Urlaub mehr Auswahl bei dem Streaming-Service genießen zu können, kann sich mit der neuen Regel von diesem Gedanken verabschieden. Die konkrete Umsetzung bei dem populären Streaming-Dienst hat nämlich zur Folge, dass die Nutzer immer nur das Angebot aus ihrem Herkunftsland sehen – und das ist etwa in Österreich deutlich kleiner als in anderen Ländern.

Das bedeutet übrigens auch, dass jegliche VPN- und Proxy-Tricks, um das Angebot einer anderen Netflix-Region sehen zu können, endgültig der Vergangenheit angehören. Der eigene Account ist nun fix mit einem Land verbunden und bekommt infolge dessen ausschließlich das dort verfügbare Programm angeboten – egal wo man sich gerade befindet. Für Netflix-Nutzer aus kleineren Ländern ist die neue Regelung insofern ein Rückschritt.

Tricks

Wer in Österreich oder Deutschland wohnt und künftig weiter beispielsweise das britische Netflix-Angebot nutzen will, dem bleibt durch die neue Regel zumindest eine andere Lösung – wenn auch eine potenziell eher kostspielige. Sollte es durch den neuen Mechanismus doch auch möglich sein, einfach auf Reisen – oder durch Nutzung eines VPN – einen neuen Netflix-Account anzulegen und diesen in der Folge dann auch zu Hause zu nutzen. Ob Netflix das auch langfristig zulässt, ist allerdings derzeit noch unklar, da es noch keine ausreichend langen Erfahrungswerte gibt.

Ein Schritt vor, einer zurück.

Zieht man auch noch in Betracht, dass Mediatheken wie die ORF-TVthek und jene der ARD von der neuen Regelung ausgenommen sind und deswegen auch weiterhin nicht im europäischen Ausland betrachtet werden können, bleibt von den vollmundigen Versprechungen recht wenig über. Dass damit österreichische oder deutsche Inhalte bei einzelnen Plattformen auch auf Reisen verfügbar sind, mag zwar in gewissen Fällen Vorteile bergen, den Verlust des Zugriffs auf das Angebot anderer Regionen kann das aber nur begrenzt aufwiegen.

Ob man die neue Regel also als besser oder schlechter als die alte ansieht, hängt insofern vor allem vom eigenen Nutzungsverhalten ab. Klar ist bei alldem aber zumindest eines: Von dem, was sich viele Nutzer in Wirklichkeit erhoffen, nämlich eine europaweit einheitliche Lizenzlage für Filme und Serien, ist man damit genauso weit entfernt, wie man es vor dem 1. April war. (apo, 4.4.2018)