Nur etwas über ein Jahr hielt sich Sandra Frauenberger (SPÖ) als Wiener Gesundheitsstadträtin.

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Wien – Es sei "keine sachliche, politische Auseinandersetzung" mehr möglich, erklärte Wiens Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Mittwoch vor einem kleinen Kreis an Journalistinnen. "Jede Veränderung wird mit mir in Verbindung gebracht." Reformen seien dadurch für sie nicht mehr möglich, zu persönlich sei die Kritik an ihrer Person geworden. "Ich habe dem Parteivorsitzenden heute bekanntgegeben, dass ich der nächsten Regierung nicht mehr angehören werde", sagte Frauenberger. "Es war ein sehr gutes Gespräch."

Sandra Frauenberger im "Wien heute" Interview.
ORF

Mit der Amtsübergabe von Bürgermeister Michael Häupl an Michael Ludwig (beide SPÖ) in der Gemeinderatssitzung am 24. Mai will Frauenberger sich aus der Stadtregierung zurückziehen. "Ich bin in die Politik gegangen, um zu gestalten. Wenn es so persönlich wird, dass das nicht mehr geht, dann reicht es", erklärte sie.

"Ich drücke mich nicht vor der Verantwortung", meinte Frauenberger. Doch in den letzten Wochen habe sie "viel zu kauen" gehabt. Über die Osterfeiertage habe sie schließlich den Entschluss gefasst, in den Gemeinderat zu wechseln. Frauenberger erreichte bei der Wien Wahl 2015 ein Grundmandat in ihrem Wahlkreis. Dieses machte sie bei ihrer Wahl zur Stadträtin allerdings frei. Was außer dem Gemeinderat noch weiter folgt, wollte sie am Mittwoch noch nicht sagen: "Mal schauen, was kommt."

Für Schieder, aber loyal gegenüber Partei

Frauenberger galt bereits seit der Wahl Ludwigs zum neuen Chef der Wiener SPÖ und somit künftigen Bürgermeister Ende Jänner als Ablösekandidatin. Auch weil sie in der parteiinternen Kampfabstimmung um den SPÖ-Vorsitz hinter Ludwigs Konkurrent Andreas Schieder stand. "Es geht mir nicht darum, welche Entscheidung Michael Ludwig getroffen hätte, sondern welche Entscheidung ich getroffen habe", sagte Frauenberger.

Sie selbst habe trotz ihrer Unterstützung für Schieder immer betont, nach der Entscheidung auf dem Landesparteitag dabei zu helfen, "Brücken zu bauen" und hinter dem Vorsitzenden zu stehen. "Daran habe ich mich auch gehalten", betonte Frauenberger. "Ich bin der Partei loyal, wir haben sehr viel vor in der Stadt." Die nötigen Reformen seien aber offenbar wegen einer "streitbaren" Stadträtin nicht möglich.

"Abgewatscht"

So sei durch die "Häme", der sie in den vergangenen Wochen ausgesetzt gewesen sei, "eine Grenze überschritten" worden. Die "Kronen Zeitung" etwa hatte Frauenbergers Foto einer Wahrsagerin gegeben, die in ihre Seele blicken sollte. "Männer werden nicht so abgewatscht", sagte Frauenberger, die auch das Ressort für Frauenfragen innehat. Mit Frauen werde in der Politik wesentlich härter umgegangen. So werde bei Männern nie das Aussehen diskutiert, bei Frauen gehe es viel mehr um die Fragen "Was hat sie an, wie sieht sie aus?".

Auch die neuerlichen Turbulenzen beim Krankenhaus Nord hätten ihren Beitrag geleistet. "Ich hatte das Gefühl, dass vieles gut läuft", so Frauenberger. So habe es "gutes Feedback" und Vertrauen gegeben. "Dann kommt so was", sagte Frauenberger und meinte den "Schutzring", den ein Energetiker um 95.000 Euro rund um das Krankenhaus gezogen haben will.

Interne Kritik wegen KAV-Reform

Zuletzt wurde auch die interne Kritik lauter. So erklärten SPÖ-Funktionäre im März, dass der Gesundheitsstadträtin ihr Gesetzesentwurf zur Neuorganisation des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) "zurückgeschmissen" werde. Damals vermutete man bereits andernorts in der Partei, man wolle Frauenberger zum Rücktritt bewegen. "Wenn es das Ziel war, mich loszuwerden, dann ist es erreicht, aber ich will mit gerader und klarer Haltung gehen", sagte Frauenberger, die "innerparteiliche Diskussionen" gut aushalte. So habe sie in den elf Jahren als Stadträtin gezeigt, dass sie "keine Mimose" sondern eine "große Kämpferin" sei. Den "richtigen Zeitpunkt" sich aus der Politik zurück zuziehen gebe es nicht.

Frauenberger hatte das Gesundheitsressort im Jänner 2017 von Sonja Wehsely übernommen. Zuvor war sie ab Jänner 2007 Stadträtin für Integration, Frauenfragen und Personal. Als Fehler sieht Frauenberger ihren Ressortwechsel jedoch nicht. "Ich wusste worauf ich mich einlasse." Die Verhandlungen und die Haltung Wiens zur Mindestsicherung etwa seien "gut und groß" gewesen.

KAV-Gesetz auf Reise bringen

Bis zum 24. Mai will Frauenberger aber nicht die Hände in den Schoß legen. Bis dahin will sie das Gesetz zur Neuorganisation des KAVs "auf die Reise bringen". Derzeit stünden noch Verhandlungen mit dem Koalitionspartner an.

Über ihre Nachfolge habe sie mit SPÖ-Chef Ludwig noch nicht gesprochen. Auf die Frage was sie von der Parlamentarierin Pamela Rendi-Wagner halte, erklärte Frauenberger: "Ich fände es gut, wenn es eine Frau wird. Die Zusammensetzung in der Stadtregierung sollte sich nicht ändern." Rendi-Wagner habe sie als Gesundheitsministerin kennengelernt. "Ich finde, sie ist eine tolle Frau."

Anerkennung von Grünen

"Meine Anerkennung und Wertschätzung für Stadträtin Sandra Frauenberger für die gemeinsame Arbeit und großer Respekt für diese Entscheidung in einer sicherlich nicht einfachen Zeit", reagierte die grüne Sozialsprecherin Birgit Hebein via Twitter auf den angekündigten Rücktritt Fraunbergers.

Kritik von Opposition

Für die Neos kommt die Nachricht "nicht überraschend". Nach den Vorfällen rund um das Krankenhaus Nord sei der Rücktritt "wohl unausweichlich", so die pinke Klubchefin Beate Meinl-Reisinger. "Dennoch habe ich Respekt vor dem Bemühen Sandra Frauenbergers, zumindest etwas Transparenz in den Skandal zu bringen." Sachlicher Kritik müsse man sich als Politikerin stellen, die Neos würden aber "persönliche Diffamierungen, die teilweise unter die Gürtellinie gehen" verurteilen. Für die bevorstehende Untersuchungskommission befürchtet Meinl-Reisinger "nichts Gutes." Frauenbergers Nachfolger könne jetzt versuchen, sich "bequem abzuputzen" und alles auf seine Vorgängerinnen zu schieben. "Das werden wir nicht zulassen: Denn der SPÖ-KAV-Sumpf muss trocken gelegt werden."

Für den nicht-amtsführenden FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp reicht der Rücktritt "bei weitem nicht". So sei "das gesamte rote System in Wien reif für den endgültigen Abtritt".

"Damit fordert das Krankenhaus Nord nach Vorgängerin Wehsely und zahlreichen Geschäftsführer-Wechseln im KAV sein nächstes politisches Opfer", so ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch. Ludwig habe nun die "Chance, das Gesundheits-Ressort nicht einem SPÖ-Parteigänger, sondern in Expertenhände zu geben". (Oona Kroisleitner, 4.4.2018)