Immer öfter entscheiden sich österreichische Anleger für ausländische Fondsprodukte.

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Wien – Lange hat es gedauert, bis österreichische Sparer auf die von der Europäischen Zentralbank verschriebene Zinsdiät regiert haben. Wie etliche Umfragen österreichischer Banken zeigen, lassen Anleger nun schon eher die Finger von ihrem Liebkind, dem weitgehend ausfallsicheren Sparbuch, und investieren vermehrt in riskantere Anlageformen wie Investmentfonds. Mit 3,7 Milliarden Euro war es im Vorjahr bereits viereinhalbmal so viel wie vor fünf Jahren.

Allerdings konnten heimische Fondsgesellschaften davon nur teilweise profitieren, denn ein Löwenanteil des Geldes floss in ausländische Produkte. Von den insgesamt 17,4 Milliarden Euro, die heimische Anleger seit 2012 in Fondsprodukte steckten, konnten ausländische Anbieter 8,5 Milliarden für sich verbuchen – was einem Anteil von 49 Prozent entspricht. Besonders stark war diese Tendenz im Vorjahr ausgeprägt, als fast zwei Drittel der Fondsanlagen ins Ausland flossen.

Eine Ursache ortet Heinz Bednar, Präsident der Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften und Chef der Erste Asset Management, in dem Konzentrationsprozess am Fondsmarkt. Als Beispiel zieht er die Übernahme der Volksbanken-Fondsgesellschaften durch die deutsche Union Investment heran. Im Jahr 2016 wurde die Auflösung von elf ehemaligen Volksbanken-Fonds verlautbart. Vertriebspartner würden vor allem die in Luxemburg und Deutschland aufgelegten Fonds nachfragen, während es zu hohen Abflüssen aus jenen Fonds gekommen sei, welche die Österreich-Tochter anbiete, erklärte Union damals.

"Ich glaube, dass sich dieser Trend fortsetzen wird", sagt Bednar. Langfristig würden weniger Fonds in Österreich produziert. Aus Sicht der Anbieter spiele es im EU-Binnenmarkt bei Publikumsfonds auch keine Rolle, wenn das Produkt aus einem anderen Land der Union komme.

Um 13 Prozent weniger Produkte

Die Folge ist eine dahinschmelzen Anzahl an österreichischen Produkten: Im Jahr 2007, also unmittelbar vor der Finanzkrise, waren noch 2321 heimische Fonds am Markt verfügbar, bis Februar dieses Jahres ist deren Anzahl auf 2010 gesunken, ein Rückgang um mehr als 13 Prozent.

Schon früher hätten österreichische Dachfonds stark in ausländische Produkte investiert, erklärt Bernd May, Generalsekretär der Vereinigung ausländischer Investmentgesellschaften in Österreich. Zuletzt hätten auch Private-Banking-Abteilungen von heimischen Banken, die zuvor auf hauseigene Produkte fokussiert waren, verstärkt bei ausländischen Fonds zugegriffen.

Eine weitere Ursache sieht May im Trend zu passiven Fondsprodukten wie ETFs, die in der Regel starr einen Index nachbilden. Denn: "Wer ETF kauft, kauft einen ausländischen Investmentfonds." Warum es keine ETFs made in Austria gibt, erklärt Bednar mit der eher geringen Größe heimischer Anbieter, da man für diese Produkte sehr hohe Volumina benötigen würde. "Die größten ETF-Produzenten sind auch die größten Investmentgesellschaften der Welt", sagt er mit Blick auf US-Branchenriesen wie Blackrock oder Vanguard. "Dafür sind wir zu klein", sagt Bednar.

Abhängig von Marktphasen

Die Entwicklung hängt aus seiner Sicht aber auch von der jeweiligen Marktphase ab. Denn auch der jahrelange Lauf der Aktienmärkte habe zu dem Trend zu ausländischen Produkten beigetragen, da die Volumina von Aktienfonds aus Österreich, wo vor allem Mischfonds bei Anlegern hoch im Kurs stehen, nicht so groß seien und gewisse Spezialprodukte gar nicht angeboten würden. "Dann wird man bei einem ausländischen Fonds zugreifen", folgert Bednar.

Besserung erwartet er sich jedoch durch die zuletzt stärkeren Schwankungen der Aktienmärkte, was den Trend zu ausländischen ETFs drosseln sollte, da aktive, also von Fondsmanagern verwaltete Produkte in solchen Phasen verstärkt Mehrertrag gegenüber passiven Indexprodukten generieren könnten. "Wenn das Zinsniveau wieder steigt, wird sich die Entwicklung auch wieder zu unseren Produkten drehen", ergänzt Bednar. Auch das Thema Nachhaltigkeit sollte helfen, denn "da sind wir groß und die Kundennachfrage gut".

Zu einem generellen Rückzug heimischer Anbieter in gewisse Nischen rät Bednar allerdings nicht: "Jeder soll das machen, was er am besten kann – das ist langfristig die beste Strategie." (Alexander Hahn, 8.4.2018)