Von den Buddha-Statuen blieben nur die Nischen und Schutt.

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Masanori Nagaoka ist der Head of Culture Unit der Unesco in Afghanistan.

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Wien – 15 Jahrhunderte lang überragten die Buddhas das Tal von Bamiyan. Die beiden 53 und 35 Meter hohen Statuen trotzten in ihren Felsnischen in den steil aufragenden Sandsteinklippen jedem Angriff. Selbst Dschingis Khan, der im Jahr 1221 die Stadt zerstörte und ihre Bevölkerung massakrieren ließ, überstanden die Riesen ebenso wie Kanonenbeschuss in späteren Zeiten. Bei ihrer Vernichtung im März 2001 benötigten die Taliban immer noch mehrere Wochen für ihr Zerstörungswerk.

Doch die Kulturlandschaft der Welterbestätte in Bamiyan ist weit mehr als bloß die riesigen Buddha-Statuen. Das einstige Handelszentrum an der Seidenstraße ist Schnittpunkt der Kulturen aus Ost und West: Hier treffen sich griechische, persische, indische und chinesische Einflüsse. Seit 2003 steht das Tal auf der Roten Liste des gefährdeten Kulturerbes der Unesco. Für die UN-Kulturbehörde ist der Japaner Masanori Nagaoka in Afghanistan im Einsatz. Bei einer Veranstaltung des International Council of Museums (ICOM) berichtete der Chef der Culture Unit der Unesco in Afghanistan am Mittwochabend an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien von den Entwicklungen der vergangenen Jahre.

Die Überreste der Statuen wurden geborgen, die durch die Sprengungen schwer einsturzgefährdeten Nischen der Statuen von Kletterern mit Ankern stabilisiert. Verschiedene Ideen für die Zukunft der Buddhas wurden vorgeschlagen, diese reichen von einer Rekonstruktion mit den Resten der Originale bis hin zu einer hohlen Kopie, die wieder entfernt werden könnte.

Kurzfristige Auferstehung

Die Finanzierung durch die internationale Gemeinschaft wäre dabei das geringste Problem. Doch vom östlichen, kleineren Buddha seien nur rund sieben Prozent der Oberfläche und dreißig Prozent der inneren Teile erhalten, beim westlichen seien die Zahlen ähnlich, sagt Nagaoka. Das gestaltet den Wiederaufbau gemäß den Richtlinien der Unesco unmöglich. Diese sehen vor, dass für Restaurierungen das Originalmaterial verwendet werden soll, sonst wäre es eine Replik.

Vor drei Jahren durfte einer der Buddhas wiederauferstehen – kurzfristig mittels 3D-Projektion. Die Infrastruktur in der Region ist jedoch zu schwach für eine dauerhafte Lösung, der Strom würde jeweils nur für eine Minute reichen.

Für das Tal selbst erstellte die Unesco mit den afghanischen Behörden Pläne, um die Kulturlandschaft vor unkontrollierter Verbauung zu schützen. Nagaoka zeigte anhand von Bildern, wie das einst grüne Tal innerhalb weniger Jahre zu einer staubigen Parkplatzfläche wurde. Der Zeitpunkt für die Rückkehr der Buddhas dürfte jedenfalls noch nicht gekommen sein, zu unsicher ist die Lage. Auch müsse bei der Entscheidung abgewogen werden, welche Schritte zur Normalisierung in dem krisengeschüttelten Land beitragen können und welche vielleicht gar die Konflikte weiter schüren könnten. Der Unesco komme nur eine beratende und unterstützende Rolle zu, sagt Nagaoka. Wie die Zukunft Bamiyans aussehen wird, sei letztlich ausschließlich die Entscheidung der Menschen in Afghanistan.

Überleben der Kultur

"Die Nation überlebt, wenn ihre Kultur und Kunst überlebt", stand auf einem Leintuch, das nach der Niederlage der Taliban über dem Eingang des verwüsteten und geplünderten Nationalmuseums in Kabul hing. Museumsdirektor Fahim Rahimi sollte ebenfalls in Wien sprechen, doch er erhielt vom österreichischen Konsulat in Islamabad kein Visum. Viele Stücke der bedeutenden Sammlungen sind unwiederbringlich verloren, manches konnte jedoch aus den Trümmern rekonstruiert werden oder tauchte auf dem internationalen Kunstmarkt auf. Einiges wurde rechtzeitig in Sicherheit gebracht und überdauerte die Kriegswirren in geheimen Verstecken. Jüngst wurde auch die numismatische Abteilung des Museums wiedereröffnet.

Gerade die Münzsammlung hat einen besonderen Bezug zu Österreich: im Jahr 1962 sichtete der Wiener Numismatiker Robert Göbl im Auftrag der Unesco die Bestände der Sammlung. Er sorgte für eine wissenschaftliche Bearbeitung der Kollektion, die zuvor lediglich nach den Metallen geordnet war.

Bedrohtes Weltkulturerbe

Nagaoka wurde bei seinem Besuch auch mit der Tatsache konfrontiert, dass auch in Österreich Weltkulturerbe bedroht ist. Auf die drohende Aberkennung des Welterbestatus Wiens wollte Nagaoka nicht näher eingehen, er gab den Zuhörern lediglich diese grundlegende Botschaft mit auf den Weg: "Es ist Ihre Entscheidung, welche Art von kulturellem Erbe Sie an Ihre Kinder weitergeben möchten." (Michael Vosatka, 6.4.2018)