Ein Bild aus vergangenen und wohl auch künftigen Tagen: Der Block West, Rapids kultige und mitunter umstrittene Fan-Tribüne, muss diesmal leer bleiben.

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Es war am Karsamstag, der Tag vor dem Osterhasen, als sich die Verantwortlichen von Rapid – Präsident Michael Krammer und Wirtschaftsvorstand Christoph Peschek – bemüßigt fühlten, an die "grün-weiße Familie" offene Worte zu richten. Es waren keine Worte, sondern sehr viele Sätze auf der Klub-Homepage. Würde man diesen Brief ausdrucken und binden lassen, man hätte einen Wälzer im Bücherregal stehen.

Kurzinhalt: Rapid ist gegen Kollektivstrafen, für eine Fankultur, in der jeder, unabhängig von Herkunft und Bildung, einen Platz findet. Tradition sei wichtig, zudem wurde die Bedeutung Rapids für den österreichischen Fußball betont, schließlich konnte in den vergangenen 30 Jahren der Zuschauerschnitt um 350 Prozent gesteigert werden. Also habe man nichts oder nur ganz wenig falsch gemacht. Zudem wurde die Bundesliga kritisiert, die 100.000-Euro-Geldstrafe nach den Vorfällen im Derby sei unangemessen hoch, auch die Teilsperre des Allianz-Stadions sei eine überzogene Maßnahme. Rapid wolle nicht die Gouvernante der Liga sein.

Entspannte Liga

Am 7. April, also diesen Samstag, dürfen nur 10.000 Zuschauer (Fassungsvermögen 26.000) kommen, für das stockletzte St. Pölten ist es trotzdem eine nahezu furchteinflößende Kulisse. Rapid wird Teile der Betroffenen (u. a. Block West) irgendwo anders unterbringen. Mitglieder durften um zwölf Euro das Stück Karten kaufen (Einnahmen bekommt der Nachwuchs), der Gästesektor wurde aufgelöst. Die immerhin 268 St.-Pölten-Fans werden an die Seite gesetzt. Zumindest rechtlich ist das gedeckt, im Urteil der Bundesliga stand nichts von Verbot eines alternativen Fansektors.

Peschek, gefragt, ob das nicht ein Kniefall vor den Ultras sei, sagte zum Standard: "Nein, es geht um Grundsatzpositionen in einer außergewöhnlichen Situation." Die Liga sieht die Lage recht entspannt, Vorstand Reinhard Herovits sagte: "Jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Rapid ist einer von 20 Klubs, wir haben ein professionelles Arbeitsverhältnis." In Sachen Pyrotechnik sei man ganz klar auf der Linie der Hütteldorfer. Das Innenministerium plant bekanntlich ein Verbot, Herovits ist für die Aufrechterhaltung des Status quo. "Ist sie angemeldet, funktioniert sie. Ein Verbot wäre gefährlich, Illegalität ist nicht kontrollierbar."

"Salzburg kein Zuseher-Erfolgs-Modell"

Im Brief fehlte nicht der übliche Seitenhieb Richtung Red Bull Salzburg, von wegen Kommerz, Wettbewerbsverzerrung, zu viele Leihspieler etc. Diese Passage soll intern nicht unumstritten gewesen sein. Peschek: "Wenn Sie das langweilig finden, okay. Durch die Übernahme des Vorgängerklubs wurden Wappen, Farben geändert, die Identifikation ging verloren. Es ist kein Zuseher-Erfolgs-Modell entstanden." Rapid ist freilich kein Titel-Erfolgs-Modell, die letzte Trophäe war die Meisterschaft 2008. Momentan beträgt das Minus auf Salzburg 19 Zähler, auf Sturm fehlen elf, das Cup-Semifinale führt am 18. April zu den Grazern. Sportvorstand Fredy Bickel sieht die Lage differenziert: "Man kann von Salzburg lernen. Natürlich haben sie andere Instrumente zur Verfügung. Im Nachwuchsbereich haben sie die besseren Argumente." Rapid hat immer noch kein Trainingszentrum, kein Internat, im Sommer soll zumindest die Standortfrage (Tullnerfeld oder beim Happel-Stadion) geklärt werden. "Jeder Monat, den du verlierst, tut weh. Auch die Austria ist besser aufgestellt."

In Salzburg rennt selbst ausgebildetes Kapital über die Plätze, wobei Kapital in diesem Zusammenhang ein hässliches Wort ist. Aber Xaver Schlager oder Hannes Wolf sind jetzt schon viele Millionen wert. Laut Bickel funktioniert Rapids Scouting mittlerweile, man erkennt und findet Talente. "Nur hat Salzburg mehr zu bieten." Rapid budgetiert mit 30 Millionen Euro und einem ausgeglichenen Transfersaldo. Wird ein Kicker verkauft, wird er wohl ersetzt. Peschek: "Es ist nicht auszuschließen, dass wir eine Ablöse zahlen und einmal leicht überziehen. Das wäre kein Beinbruch."

Djuricin im Vakuum

Bickel muss die Trainerfrage beantworten. Goran Djuricin arbeitet quasi im Vakuum, der Sportvorstand ist mit der Arbeit des gesamten Betreustabs "sehr zufrieden. Djuricin ist akribisch, will immer dazulernen. Was er braucht, sind Erfolge." Die gab es zuletzt – 5:1 gegen den Wolfsberger AC, 4:2 in Mattersburg.

St. Pölten ist das komplette Gegenteil eines Krösus, auch wenn Dietmar Kühbauer erstmals auf der Bank der Niederösterreicher sitzt. Aber der ist (war) ja Teil der grün-weißen Familie. Bickel: "Ich wünsche ihm alles Gute, aber der Trainereffekt soll erst in einer Woche eintreten." Djuricin lehnt das Wort "Pflichtsieg" ab. "Ich erwarte trotzdem, dass wir klar gewinnen. Obwohl sie vor Anpfiff rohes Fleisch essen werden." Noch einmal Bickel: "Die Bäume wachsen nicht in den Himmel." (Christian Hackl, 6.4.2018)

SK Rapid Wien – SKN St. Pölten (Wien, Allianz Stadion, 18.30 Uhr, SR Eisner). Bisherige Saisonergebnisse: 4:1 (a), 1:0 (h), 5:0 (a)

Rapid: Strebinger – Auer, M. Hofmann, Galvao, Bolingoli – Petsos, Schwab – Schaub, Murg, Ve. Berisha – Kvilitaia

Ersatz: Knoflach – Sonnleitner, Thurnwald, Pavelic, Kuen, S. Hofmann, Schobesberger

Es fehlen: Ljubicic (gesperrt), Joelinton (Außenband-Einriss im Knie), Szanto, Mocinic, Dibon (alle rekonvaleszent/im Aufbautraining)

St. Pölten: Riegler – Stec, Huber, Diallo, Mehmedovic – Luxbacher, P. Malicsek, Rasner, Ambichl, Schütz – Atanga

Ersatz: Vollnhofer – Luan, Bajrami, Balic, Vucenovic, Pak, Riski

Es fehlen: Muhamedbegovic, Martic (beide Muskelprobleme), Entrup (Knieprobleme), Keles (Achillessehnenbeschwerden), Ingolitsch (erkrankt), Parker, Petrovic (beide Kreuzbandriss)