Wien – Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat mit ihrer Aussage, sie rechne mit der Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, für viel Kritik gesorgt. Die SPÖ spricht sogar von einer Racheaktion, weil die heutige Ministerin einst nicht als AUVA-Generaldirektorin zum Zug kam. DER STANDARD gibt einen Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Aufregerthema.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein bekräftigte in der ZiB2 am Freitagabend, dass die AUVA kurzfristig "nachhaltige finanzielle Erfolge" liefern müsse. Aber: "Ich habe es nicht auf die AUVA abgesehen."
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Frage: Was ist die AUVA?

Antwort: Sie ist die Unfallversicherungsanstalt für fünf Millionen Versicherte in Österreich. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat im Wesentlichen vier Aufgaben: die Unfallbehandlung, die Rehabilitation nach Unfällen, die Prävention (durch Beratung und Schulung von Unternehmen) sowie bei bleibenden Schäden das Ausbezahlen von Unfallrenten.

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Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ ist nicht sehr optimistisch hinsichtlich der Reformpläne der AUVA.
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Frage: Welche Einrichtungen gibt es?

Antwort: Zur AUVA gehören sieben Unfallkrankenhäuser mit 918 Betten. Zwei gibt es in Wien (Lorenz Böhler, Meidling), je eines in Graz, Kalwang, Klagenfurt, Linz und Salzburg. Einerseits werden Arbeitsunfallverletzte versorgt, anderseits kommen die meisten Patienten (mehr als 80 Prozent) aber nach Freizeitunfällen. Dazu kommen vier Rehabilitationszentren (Häring, Meidling, Tobelbad, Weißer Hof in Klosterneuburg). Insgesamt arbeiteten Ende 2016 rund 5.900 Mitarbeiter für die AUVA, davon 4.370 in Behandlungseinrichtungen. Pro Jahr gibt es rund 330.000 ambulante und 45.000 stationäre Behandlungsfälle.

Frage: Wie finanziert sich die AUVA?

Antwort: Großteils durch Beiträge der Arbeitgeber, sie müssen 1,3 Prozent der Lohnsumme abliefern. Im Jahr 2016 kam die AUVA auf Einnahmen in Höhe von 1,4 Milliarden Euro.

Frage: Was will die Regierung nun?

Antwort: Im Regierungsprogramm steht, dass der Unfallversicherungsbeitrag auf 0,8 Prozent gesenkt werden soll, was einer Entlastung der Betriebe um 500 Millionen Euro entsprechen würde, die AUVA würde also um ein gutes Drittel der Einnahmen umfallen. Der "erste finanzielle Erfolg" muss laut Koalitionspakt bis Ende 2018 "nachweisbar sein". Ansonsten werde man gesetzliche Maßnahmen setzen und die AUVA in die Kranken- beziehungsweise Pensionsversicherung überführen.

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein erklärte nun, sie rechne nicht damit, dass die geforderten 500 Millionen an Einsparungen erreicht werden, weshalb die AUVA wohl aufgelöst werde. In der ZiB 2 betonte sie am Freitagabend, ihr gehe es um "Strukturreformen und letztendlich um Verbesserungen für die Versicherten". Kurzfristig forderte sie "nachhaltige finanzielle Erfolge, die beweisen, dass die AUVA auf dem richtigen Weg ist". Aber: "Ich habe es nicht auf die AUVA abgesehen."

Geht es nach der Regierung, dann soll die AUVA auf 500 Millionen ihrer derzeit 1,4 Milliarden Euro an Einnahmen verzichten.
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Frage: Was sagt die AUVA zu den Sparvorgaben?

Antwort: AUVA-Obmann Anton Ofner bezeichnet es im STANDARD-Gespräch als "unerklärlich", dass sich Hartinger-Klein nicht an das Regierungsprogramm halte und der AUVA nicht bis Jahresende Zeit für Reformvorschläge gebe. In der Sache meint er, 100 Millionen könne man per 1. Jänner 2019 einsparen. Die restlichen 400 Millionen seien nur möglich, wenn man von "versicherungsfremden Leistungen" entlastet werde.

Frage: Was ist damit gemeint?

Antwort: Für Arbeitsunfälle, die in Spitälern der Länder behandelt werden, zahlt die AUVA laut Ofner 160 Millionen Euro mehr, als diese tatsächlich an Kosten verursachen. Für die Kosten von Freizeitunfällen wiederum zahlen die Länder 150 Millionen Euro zu wenig an die AUVA. Und auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verursacht bei der AUVA Kosten von 100 Millionen, obwohl die eigentlich nichts mit der Unfallversicherung zu tun haben.

Frage: Wie fallen die weiteren politischen Reaktionen aus?

Antwort: Sowohl Arbeiterkammer und ÖGB als auch Ärztekammer und der von den Wirtschaftskammer nominierte Hauptverbandschef Alexander Biach sprechen sich gegen eine Auflösung der AUVA aus. "Die AUVA als eigener Versicherungszweig hat sich bewährt", meint Biach. "Massiven Widerstand" kündigte Rainer Wimmer, designierter Chef der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter, an. SP-Geschäftsführer Max Lercher vermutet gar "persönliche Rachegelüste" bei Hartinger, schließlich hatte sie sich einst als AUVA-Generaldirektorin beworben. Sie blitzte aber ab und scheiterte auch, wie die "Kleine Zeitung" im Jänner berichtete, mit Klagen nach dem Gleichbehandlungsgesetz.

Frage: Steht auch eine Schließung von AUVA-Krankenhäuser im Raum?

Antwort: In den Ländern, unter anderem durch Wiens nächsten Bürgermeister Michael Ludwig, wird bereits davor gewarnt, dass in diesem Fall die Versorgung verunfallter Personen gefährdet sein könnte. Davor warnt auch der ärztliche Leiter des Unfallkrankenhauses Meidling, Christian Fialka. Von einer Schließung ist bis jetzt aber keine Rede. Es geht primär um die Frage, wer für die Einrichtungen zuständig sein soll. Ofner meint, dass die Länder bisher kein Interesse an einer Übernahme signalisiert hätten. Volkswirtschaftlich wäre das auch keine Einsparung. Die Kosten würden sich lediglich von den Dienstgebern auf die Allgemeinheit verlagern.

AUVA-Obmann Anton Ofner meint, die Sparziele seien nur dann erreichbar, wenn man Kosten an andere Akteure im Gesundheitssystem transferieren könne.
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Frage: Kann man nicht bei der Verwaltung sparen? Wie viel wird dafür ausgegeben?

Antwort: Laut dem AUVA-Jahresbericht lag der Verwaltungsaufwand 2016 bei gut 92 Millionen Euro. Das entspricht 6,5 Prozent der gesamten Einnahmen.

Frage: Und wie ist das mit den Funktionären, die im Rahmen der Selbstverwaltung tätig sind?

Antwort: Da gibt es schon einige. Die Sozialpartner sitzen in der Generalversammlung (je 30 Dienstgeber- und Dienstnehmervertreter), im Vorstand (je sieben Vertreter), in der Kontrollversammlung (je drei Vertreter) sowie in den Landesstellenausschüssen (je drei Vertreter). Sie sind aber nicht angestellt, sondern bekommen nur eine Aufwandsentschädigung. Im Vorstand, der viermal jährlich tagt, sind das 41 Euro pro Sitzung und Mitglied. Ofner meint daher, dass man hier keine großen Summen einsparen könne. "Wer das vorgaukelt, betreibt reine Polemik." (Günther Oswald, 6.4.2018)