Selbst ihr Atelier ist ein Schmuckkästchen. Betritt man das ebenerdige Gassenlokal im zweiten Wiener Bezirk, wähnt man sich eher in einer liebevoll dekorierten Auslage denn in einer Goldschmiede-Werkstatt. In die Mitte des Raumes, der wie ein Würfel wirkt, hat die Schmuckkünstlerin Alexandra Muehlbek einen großen Tisch gestellt. In seinem Bauch befinden sich unzählige Laden. Über dem Tisch hängen Tentakeln gleich zehn schwarze Schreibtischleuchten aus den 1920er-Jahren. Sie werfen ihr warmes Licht auf das Eichenholz des Tisches. Und auf einige Schmuckstücke aus der Serie "Evolution".

Dieser handgefärbte Pergamentblütenanhänger mit Silberelementen zählt zur blühenden Serie "Wild Flowers".
Foto: Guenter Parth

So heißen organisch wirkende Ringe und Anhänger, die wie Muscheln, Schnecken oder ineinandergreifende Kugeln geformt sind. Gefertigt sind sie aus Messing, Weißgold, Silber und Schwarzgold. Daneben stecken in einem Gefäß allerlei Hämmer. Sie schauen eher wie Dekoration aus, kaum wie Werkzeug, ein Blumenstrauß aus Hämmern könnte man sagen. Schmutz oder Späne sucht man hier vergebens. Dabei ist Muehlbek eine Emsige.

An einer Wand hängen einige wunderschöne alte Kleiderbügel, an ihnen baumeln Ketten herab. Es sind filigrane Stücke aus verschiedenen Steinen, die unterschiedlich getragen werden können, klassisch oder eng zusammengezogen. "Multifunktionale Unikate" nennt sie die Designerin. An der Kette aus dunklen Rohturmalinen ist eine Eidechse aus Messing angebracht. Muehlbek liebt Eidechsen.

Muehlbeks Formenalphabet reicht von filigran Gehämmertem bis zu muschelartig Organischem.
Fotos: Guenter Parth

Es ist schwer, Muehlbeks Stücke in eine Schublade zu stecken. Sie arbeitet in Themen, die sie in abwechselnden Zeitsträngen bearbeitet, aber nie abgeschlossen werden. Mal sind die Stücke zart, dann wieder grober. Muehlbek will sich nichts gegenüber verschließen und lässt ihre Stile und Materialien zusammenwachsen. Zur Verwendung kommt ein Amethyst ebenso wie ein Diamant. Muehlbek mag Steine mit Charakter, Steine, die farbliche Übergänge und ein Eigenleben zeigen, geschliffen ebenso wie ungeschliffen. Dabei ist im Atelier von Muehlbek nur die Spitze des Eisberges zu sehen. Der große Rest ruht in den Schubladen unter dem großen braunen Tisch.

Schon als Kind wollte die 1967 geborene Wienerin entwerfen und produzieren. Geschafft hat sie dies allerdings erst über Umwege. "In ihrem früheren Leben", wie sie es nennt, hat sie als Grafikdesignerin im Bereich Corporate Design und Packaging gearbeitet. "Zu der Zeit war die Werbeszene so unglaublich lebendig, dass es mich dort richtig hineingezogen hat." Ihren Kindheitstraum machte sie 2011 wahr. Über Kurse im In- und Ausland hat sie sich das notwendige Handwerkszeug angeeignet.

Spitznamen & Fragebogen

Die Kundenliste von Alexandra Muehlbek ist eine bunte. Es sind Architekten, Kreative und vor allem Freunde von Freunden, die hier unweit des Augartens vorbeischauen und gustieren. Laufkundschaft gibt's an dieser Ecke eher weniger.

Für das Innenstadtgeschäft Hartmann hat sie eine Schmucklinie aus Horn geschaffen, im Sommer wird eine neue Serie aus Pergament realisiert – floral wirkende Stücke in Kombination mit Metallen. Alexandra Muehlbek sagt, dass sie ihre Kunden kennen- und verstehen lernen möchte. Das helfe ihr beim Entwerfen. Bei Eheringen formuliert sie sogar einen Fragebogen, um sich näher an die Charaktere der künftigen Eheleute heranzutasten. Was da so draufsteht? "Einiges. Es beginnt mit verschiedenen Punkten zu Gewohnheiten und endet mit den Fragen nach dem Spitznamen." Vielleicht tragen darum zwei ihrer Serien die Namen "Candyman" oder "Rocketman". (Michael Hausenblas, RONDO exklusiv, 21.6.2018)

Weiterlesen:

Eheringe: Individuelles ist gefragt

Designerin Alexandra Muehlbek war früher in der Werbebranche tätig.
Foto: Victoria Schaffer