Physiker sind wissenschaftliche Inquisitoren, deren Arbeit hauptsächlich daraus besteht, das Gefüge der Natur in ihren fundamentalen Manifestationen – Materie und Energie – zu untersuchen. Die Erfindung der Steinwerkzeuge als Jagdwaffen, oder die Idee der Feuererzeugung durch Reibung von Holz oder Kieselsteinen vor Hunderttausenden Jahren können als die ersten großen physikalischen Entdeckungen der modernen Physik identifiziert werden. Jedoch begann die Physik, die man aus der Schule kennt, im 15. und 16. Jahrhundert mit Sir Isaac Newton.
Die Mehrheit der Fortschritte der Menschheit können den Entdeckungen und Erfindungen jener Männer und Frauen zugeschrieben werden, die ihr Leben dem Studium der Physik widmeten.

Das berühmte Bild von Albert Einstein bei einer Versteigerung in den USA.
Foto: AP

Der Alltag eines Physikers

Physiker arbeiten vor allem im Bereich der akademischen Forschung, an Universitäten oder in großen Forschungseinrichtungen wie Cern oder Nasa. In den letzten Jahrzehnten arbeiten sie auch als Ingenieure in der Industrie. Aber was machen sie eigentlich? Nehmen wir das Beispiel jener, die auf dem Gebiet der akademischen Forschung beschäftigt sind: den Universitäten.

Als Physiker, die an der Universität arbeiten, beschäftigen wir uns mit Forschung, Lehre, Betreuung von Studenten und leisten in einigen Fällen technische Unterstützung. Wir arbeiten in Arbeitsgruppen, die Teil einer Abteilung sind, die gleichzeitig Teil eines Physikinstituts sind. Was uns betrifft, wir arbeiten am Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Johannes Kepler Universität Linz. Unsere Arbeitsgruppe heißt "Quantum Materials Group". Und was genau sind Quantenmaterialien? Nun, das sind Materialien, deren Eigenschaften durch die Quantenphysik erklärt werden können – also fast jedes Material. Das Hauptaugenmerk unserer Forschung liegt auf dem Verständnis der fundamentalen Physik der Materialien, die wir selbst herstellen.

Von der Herstellung bis zur Veröffentlichung

Als Erstes gehen wir ins Labor und stellen ein Material her. Das können entweder dünne (magnetische) Halbleiterschichten sein, die mit unserem metallorganischen Gasphasenepitaxie-Wachstumssystem (kurz MOVPE) hergestellt werden, oder wir produzieren dünne zweidimensionale Flocken eines supraleitenden Materials durch Peeling. Danach müssen wir wissen, ob die Qualität unseres Materials gut ist. Dazu wenden wir eine Vielzahl von experimentellen Verfahren an, die Charakterisierungstechniken genannt werden. Diese liefern uns Informationen über die grundlegenden Eigenschaften des Materials, wie beispielsweise ihre Oberfläche, ihrer Struktur, wie ihre magnetischen, elektronischen oder optischen Eigenschaften sind, und noch wichtiger, wofür sie gut sind.

Physiker bei der Arbeit.
Foto: Philipp Kratzer

Da wir eine Gruppe von Experimentalphysikern sind, verbringen wir mindestens 40 Prozent unserer Arbeitszeit in den Laboren mit den Instrumenten und Maschinen. Unsere experimentellen Aufbauten sind nicht grundlegend anders als diejenigen, womit Elektronen 1897 entdeckt wurden, sie sind nur raffinierter. Wir verbringen auch einen großen Teil unserer Zeit vor dem Computer, um damit die Daten zu analysieren, die wir aus unseren Experimenten erhalten haben. Dazu zählt auch, Diskussions-E-Mails mit unseren internationalen Kollegen auszutauschen und wissenschaftliche Artikel zu lesen. Dadurch bekommen wir neue Ideen zur Ergänzung und Erweiterung unserer Forschung. Etwa fünf Prozent unserer Zeit verbringen wir damit, Projektanträge zu schreiben, um unsere Forschung weiter betreiben zu können. Schließlich verbringen wir zehn Prozent unserer Zeit damit, mit unseren Kollegen über Physik, unsere neuesten Ergebnisse und das Leben im Allgemeinen zu diskutieren – all das mündet in einem Manuskript und durchläuft ein Gutachten, das zwei bis sechs Monate dauern kann. Erst dann können unsere Ergebnisse veröffentlicht werden. 

Finanzierung unserer Forschung: Das Ende der Neugier

Das Konzept des modernen Forschungserfolges ist gleichbedeutend mit der Menge an Publikationen in Fachzeitschriften wie die der American Physical Society, des Institute of Physics, der Nature Publishing Groups, und so weiter. Die Qualität der Forschungsergebnisse eines Forschers wird anhand des Impact-Faktors der Zeitschrift, in der der Artikel veröffentlicht wird, gemessen und wie oft der Artikel in einer dieser Zeitschriften von anderen Forschungsartikeln zitiert wird. Heutzutage wird die Leistung eines Forschers durch eine Zahl quantifiziert, die der h-Index genannt wird. Wir stimmen dieser Quantifizierung nicht ganz zu, da wir glauben, dass Quantität nicht gleich Qualität ist. Das ist aber eine andere Geschichte.

Um unsere Forschung am Laufen zu halten, brauchen wir finanzielle Mittel. Ein Forschungsprojekt dauert je nach Förderstelle zwischen zwei und sieben Jahre. Der Fonds zur Wissenschaftlichen Förderung (FWF) ist in der Regel unsere erste Wahl. Leider liegt die Akzeptanzwahrscheinlichkeit zur Zeit bei etwa 20 Prozent. Wenn also fünf gute Projektanträge gleichzeitig eingereicht werden, wird mindestens eines davon sicher angenommen. Wir schreiben aber im besten Fall zwei Projektanträge zur selben Zeit.

Das Schwierigste heutzutage ist, dass wir nicht aus reiner Neugier forschen können. Wenn wir einen Projektantrag schreiben, müssen wir versprechen, dass unsere Ergebnisse bahnbrechende Anwendungen sein könnten, auch wenn wir nur die physikalischen Grundlagen verstehen wollen. Erst neulich hat der Nobelpreisträger Klaus von Klitzing in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" gesagt: "Forscher brauchen Freiheit". Damit meinte er, dass Forscher sich nicht nur an den Interessen der Industrie orientieren sollten.

Wir verstehen, wie wichtig es ist, für das, was wir tun, eine Anwendung zu finden. Aber ohne die Neugierde zu verstehen wie unsere Welt funktioniert, sind Anwendungen nutzlos. Vor allem müssen wir als Wissenschafter auch weiterhin unsere Ergebnisse veröffentlichen, denn das moderne Mantra in der Wissenschaft lautet "Veröffentlichen oder untergehen". (Andrea Navarro-Quezada, Rajdeep Adhikari, 10.4.2018)