Gibt es ein Erfolgsrezept für Popsongs? Diese Frage beschäftigt nicht nur Songwriter, sondern ist auch die Ausgangsfrage für so manch wissenschaftliches Projekt – zum Beispiel in der Mathematik. Gibt es die ultimative Hitformel? Ein paar Variablen sind bereits bekannt, sagen wissenschaftliche Studien.

Anhand von erfolgreichen Songs – gemessen zum Beispiel anhand von Charts-Platzierungen – analysieren diverse Studien, was diese Songs gemeinsam haben.

Heiter und fröhlich an die Spitze der Charts

In ihrem kürzlich veröffentlichten Artikel "Musical trends and predictability of success in contemporary songs on and off the top charts" beschreibt das Team rund um Natalia Komarova von der University of California in Irvine, dass in den britischen Charts erfolgreiche Songs tendenziell fröhlicher wären, ein heitereres Timbre hätten, tanzbarer seien und partytauglicher als die Allgemeinheit aller untersuchten Titel.

Die Erfolgsfaktoren sind dennoch schwer zu definieren und zu verallgemeinern. So gesehen kann man zwar Hitsongs, welche die erfolgsversprechenden Variablen umsetzen, als nachträgliche Bestätigung der Analyse lesen. Aber umgekehrt, die Prognose, ob ein Song ein Hit wird, erweist sich als viel schwieriger.

So kann man beispielsweise nachträglich sagen, dass Meghan Trainors "All about that bass" die als erfolgsversprechend identifizierten Eigenschaften trifft. Aber hätte man vorher sagen können, dass genau dieser Song ein Hit wird?

MeghanTrainorVEVO

"Superstar-Status" erhöht Vorhersagegenauigkeit

Selbst mit ausgefeilten Methoden maschinellen Lernens ist es schwer, den Erfolg eines Titels vorherzusagen. In sogenannten "Automatic Hit Song Prediction Tasks" werden zunächst anhand eines Teils der vorhandenen Daten Muster gesucht, die populäre und nicht-populäre Songs voneinander unterscheiden, und dann werden diese Muster auf die von der Analyse bisher zurückgehaltenen Daten angewandt und auf Richtigkeit überprüft.

Die meisten Studien im Bereich der Hitvoraussage fokussieren auf den Inhalt eines Songs wie beispielsweise Audioeigenschaften und Songlyrics. Es spielt aber auch die bereits vorhandene Popularität des jeweiligen Artists eine große Rolle. Während akustische Informationen über einen Song alleine nicht ausreichten, eine Vorhersage zutreffen, so erreichte das Team um Komarova unter der Mitberücksichtigung des "Superstar-Status" des jeweiligen Artists eine Vorhersagegenauigkeit von 85 Prozent.

Soziale Aspekte – und natürlich Marketing

Salganik und Kollegen zeigten in ihrem Artikel "Experimental Study of Inequality and Unpredictability in an Artificial Cultural Market" allerdings auf, dass im Vergleich zu sozialen Einflüssen die Eigenschaften des Songs selbst eine untergeordnete Rolle spielen. Im Konkreten analysierte das Team, wie sich die Anzeige, wie oft ein Song bereits von anderen heruntergeladen wurde, auf die eigene Präferenz für den Song auswirkte.

Neben sozialen Aspekten dürfen auch kommerzielle Einflüsse zur Hitvorhersage nicht unterschätzt werden: Marketing wirkt. Ein Album-Release wird in einer Talkshow angekündigt, die Werbung für ein Album in der Zeitschrift, Klatsch und Tratsch und Skandale ... Auch Streaming-Playlists sind von Marketingmaßnahmen nicht unberührt: Das gezielte Setzen von Songs in bestimmten Playlists durch sogenanntes Playlist-Marketing ist weit verbreitet.

Kann man nun Tophits voraussagen?

Wie die eingangs erwähnten Analysen zeigen, gibt es Variablen wie beispielsweise die Tanzbarkeit eines Songs und ein heiteres Timbre, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen können, dass ein Song zum Tophit emporsteigt. Über akustische Informationen beziehungsweise die Songqualität hinaus gibt es aber weitere Faktoren, welche die potentielle Popularität eines Songs mitgestalten. Budget spielt dabei keine unwesentliche Rolle. Und dann gibt es immer noch das Individuum, das selbst entscheidet, was er oder sie hören möchte ... oder doch nicht? Dazu vielleicht ein andermal mehr an dieser Stelle. (Christine Bauer, 28.5.2018)