Es gibt gute Argumente für ein Kopftuchverbot in Kindergärten und Volksschulen. Es gibt auch hörenswerte Argumente dagegen. Bei der Argumentation der Regierung hat man nicht den Eindruck, dass sie das Für und Wider sorgfältig abgewogen oder sich ernsthaft mit dem Ist-Zustand auseinandergesetzt hat.

Die FPÖ, die dieses Gesetzesvorhaben wortführend vorantreibt, wettert gegen den (politischen) Islam und den damit verbundenen "Firlefanz" wie Burka, Nikab oder Kopftuch. Der Vormarsch des Islam müsse gestoppt werden. Gleichzeitig beharrt die Regierung aber darauf, dass ein Kopftuchverbot nichts mit Religion oder religiösen Symbolen zu tun habe. Sonst würde das Gesetz auch andere Kopfbedeckungen wie die jüdische Kippa betreffen. Und gegen die jüdische Gemeinschaft will die Regierung keinesfalls vorgehen. Das wäre schlecht für das Image, zumal die blaue Hälfte der Regierung ohnedies schwer mit Antisemitismus-Vorwürfen zu kämpfen hat.

Also wird das Ganze Kinderschutzgesetz heißen und soll sich gegen die Benachteiligung von Mädchen richten. Das ist verlogen. Ziel der Stoßrichtung ist eindeutig der Islam. Dass in der Regierung feministische Vorkämpfer sitzen, denen es um die Gleichberechtigung geht, wäre gänzlich neu. Die Scheinheiligkeit, mit der diese Debatte geführt wird, ist so offensichtlich, dass es schwerfällt, auch nur irgendein Argument der neuen Kreuzritter ernst zu nehmen. (Michael Völker, 9.4.2018)