Wien ist eine Stadt der Gründerzeitbauten. Im Zentrum und vereinzelt in anderen Bezirken stehen noch Barockhäuser (oder -palais). Auch aus dem Biedermeier ist noch einiges da. Aber der Hauptkorpus der vor 1945 geschaffenen Bauten wurde in der Zeit der größten Expansion Wiens (1857: 700.000 Menschen, 1910: 2,1 Millionen Menschen) errichtet.

Wien wird jetzt eine neue Bauordnung beschließen, die den rasant sich beschleunigenden Abriss von Gründerzeitbauten – und ihren Ersatz durch gesichtslose Investorenarchitektur – stoppen soll. Für alle Gebäude, die vor 1945 errichtet wurden, wird eine Bewilligung der MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) nötig sein. Diese muss bestätigen, dass es kein öffentliches Interesse am Erhalt des Bauwerks gibt.

Nun ist "Gründerzeitbauten" ein weiter Begriff. Das kann eine Klosett-am-Gang-Zinskaserne in elendem Zustand bedeuten oder ein prachtvolles Jugenstilpalais. Oder, sehr oft, etwas in der Mitte: qualitätsvolle Bürgerhäuser mit gegliederter Fassade, relativ großen Wohnungen und eher geringem Renovierungsbedarf. Wobei in Zukunft auch einzelne Gebäude im Gegensatz zu früher als "Schutzzone" ausgewiesen werden können.

Das ist ein wichtiger Schritt für den Erhalt des historisch gewachsenen Stadtbildes. Natürlich war auch die Mehrzahl der Gründerzeithäuser Investorenarchitektur, aber sie waren qualitätsvoll. (Hans Rauscher, 9.4.2018)