Würzburg/Wien – Sitzt man im Sommer in einem Biergarten und lässt sein Glas eine Zeit lang unbeobachtet, könne es schon vorkommen, dass sich ein weitverbreiteter Ambrosiakäfer ins Glas stürzt. Ein solches Verhalten ist im Tierreich nicht allzu üblich, da es sich beim Alkohol um ein Gift handelt. Warum diese Käfer, deren Name sich von der griechischen Bezeichnung für "Götterspeise" herrührt, eine Ausnahme sind, war bisher unklar.

Der österreichische Biologen Peter Biedermann, der an der Uni Würzburg und am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena forscht, beschäftigt sich seit rund zehn Jahren mit den Tieren. So konnte er zeigen, dass etwa Schwarze Nutzholzborkenkäfer, der zu den Ambrosiakäfern zählt, eine Reihe an bemerkenswerten Verhaltensweisen an den Tag legen. Wie alle Borkenkäfer betreiben sie sozusagen Landwirtschaft, indem sie im Holz spezielle Pilze (ihre Ambrosia) züchten, deren Sporen sie in eigenen Organen zur Aussaat immer bei sich tragen.

Arbeitsteilige Pilzzucht

Der Forscher fand durch Verhaltensbeobachtungen und Versuche heraus, dass die Tiere bei der Pilzzucht arbeitsteilig vorgehen. "Manche Tiere pflanzen sich fort, andere sind mehr die Helfer", deren Aufgabe etwa das Putzen der Gänge ist, so Biedermann. Im Gegensatz zu Bienen können aber auch "Helfer" unter bestimmten Bedingungen ein eigenes Nest gründen, "sie sind in einem Stadium zwischen Einzellebewesen und sozialen Insekten – das macht sie so spannend".

Pilze züchtende Ambrosiakäfer in Aktion.

Seit mehr als 100 Jahren ist ihre Affinität zum Alkohol bekannt, den in geringen Mengen auch gestresste Bäume produzieren. Mit dem Giftstoff machen sie sich für Parasiten unattraktiv, doch "die Ambrosiakäfer nutzen das aus und attackieren Holz, das Alkohol ausdünstet, gezielt", sagt Biedermann. "Wir haben jetzt herausgefunden, dass auch die Pilze der Käfer auf dieses Holz spezialisiert sind und unter diesen Umständen auch mehr Biomasse produzieren."

Alkohol als "Herbizid"

Neben der Tatsache, dass die Käfer für sie unerwünschte "Unkrautpilze" jäten, fungiert auch der Alkohol in geringen Konzentrationen von um die zwei Prozent sozusagen als "Unkrautvernichter". Da die Pilze in dem Milieu kaum Konkurrenz haben, erhöht sich der landwirtschaftliche Ertrag. Es könnte sogar sein, dass die Pilze nach dem Tod des Holzes selbst Alkohol produzieren, um ihre Idealbedingungen aufrecht zu erhalten.

Die Käfer sind mit dieser Form der nachhaltigen Landwirtschaft bereits seit rund 60 Millionen Jahren erfolgreich, obwohl es sich um eine Monokultur handelt. Im Gegensatz zum Menschen haben sie dabei offenbar auch keine Probleme mit Resistenzen.

Die Verbindung zwischen den Käfern und "ihren" exklusiven Pilzen ist so ausgeprägt, dass letztere erst dann Fruchtkörper produzieren, wenn Käfer anwesend sind. Wie diese Symbiose im Detail funktioniert, wollen Biedermann und Kollegen in weiteren Untersuchungen klären. (APA/red, 10.4.2018)