Im Biologiestudium sind sie noch in der Überzahl, doch geht es in Richtung Wissenschaftskarriere, dünnt die Präsenz von Frauen mehr und mehr aus.

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Der Nachwuchs an den österreichischen Hochschulen hat es nicht einfach. So sehen es zumindest die österreichischen Professorinnen und Professoren, die kürzlich von ihrem Verband (UVP) befragt wurden, wie sie die Zukunftschancen junger WissenschafterInnen einschätzen. Generell eher schlecht, aber gar nicht so schlecht für Frauen – lautete das Ergebnis die Umfrage. Zwei Drittel der befragten ProfessorInnen glauben, dass es bei gleicher Qualifikation Chancengleichheit auf eine Anstellung an einer Hochschule gebe.

Die Initiative "Women in Biology" macht in einer Reaktionen auf die Umfrage allerdings darauf aufmerksam, dass diese Einschätzung die Realität verkenne, denn ein Blick auf die Geschlechterverhältnisse an Österreichs Hochschulen stimme alles andere als positiv. Die Initiative sammelt seit vier Jahren Daten zu den Beschäftigungsverhältnissen von Wissenschafterinnen, und dies würde ein "gegenteiliges Bild" zeichnen, heißt es in einer Aussendung von "Women in Biology". An der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien sind nur zwei von 20 Professuren von Frauen besetzt, bei den außerordentlichen oder assoziierten ProfessorInnen sind es 32 Prozent. Von den insgesamt 110 universitär finanzierten Festanstellungen sind nur 27 Prozent von Frauen besetzt – obwohl die Wissenschafterinnen nahezu gleich viel publizieren wie ihre Kollegen.

Spätestens nach dem Doktorat weg

Ganz anderes sieht es hingegen noch bei den Studierenden aus: Von den fast 5.000 Biologie-StudentInnen an der Uni Wien sind weit mehr als 3.000 weiblich, doch spätestens nach dem Doktorat verschwinden sie nach und nach aus den Lebenswissenschaften. Monika Bright, Professorin für Zoologie und Meeresbiologie an der Fakultät für Lebenswissenschaften der Uni Wien, sieht mehrere mögliche Ursachen. Zum Beispiel den sogenannten "Unconscious Bias", also unbewusste Vorurteile und Wahrnehmungsverzerrungen, etwa dass Männer womöglich männliche Bewerber unbewusst bevorzugen. "In Gremien, Kommissionen oder Berufungen sitzen fast immer mehr männliche Kollegen", sagt Bright gegenüber dem STANDARD, und hier könnte der Unconscious Bias durchaus eine Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund wäre die Leitlinie, "bei gleicher Qualifikation" sei eine Frau zu bevorzugen, keine große Hilfe, weil sie kaum zu definieren ist und somit auch die Qualifikation stark von persönlichen Einschätzungen abhängen.

Wie in anderen Berufsbereichen stellen sich auch in der Wissenschaft vor allem Frauen die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie oder Beziehung und Beruf. Mit Teilzeitarbeit bleibe man schlichtweg nicht kompetitiv, sagt Bright, "an den Universitäten erwartet man Arbeitszeiten, die weit über eine 40-Stunden-Woche hinausgehen. Das ist schwer mit Familie zu verbinden", so die Biologin, warum Frauen im Vergleich zu Männern so viel öfter ihre Wissenschaftskarriere aufgeben. "Der Wissenschaftsberuf erscheint oft aussichtslos, deshalb entscheiden sich viele Frauen für einen Job außerhalb der Uni, der sich eventuell auch besser mit Kindern vereinbaren lässt."

Role-Model-Seminare

Auch würden viele Frauen den Druck, alle zwei bis drei Jahre neue Verträge aufspüren zu müssen, nicht auf sich nehmen wollen, ebenso wenig, dafür in andere Länder zu übersiedeln. "Viele Partner von Forscherinnen nehmen es auch nicht auf sich, ziellos quer durch die Welt im Tandem mitzuziehen", sagt Bright. Um aufzuzeigen, wie andere Frauen es geschafft haben, trotz aller Schwierigkeiten ihren wissenschaftlichen Beruf und das Privatleben zu meistern, veranstaltet die "Women in Biology"-Initiative seit zwei Jahren Role-Model-Seminare für Studentinnen mit hochrangigen internationalen Biologinnen.

Ein Rolle spielt laut Bright womöglich auch, dass man – gerade als Frau – oft das Gefühl habe, auf sich allein gestellt zu sein. Der Wissenschaftsbetrieb ist generell arm an positivem Feedback", erzählt sie von ihren Erfahrungen. Während ihrer Karriere hatte sie oft das Gefühl, allein zu sein – oder allein unter Männern. Die Ausnahme waren nur Forschungsreisen mit US-Schiffen, "da waren immer viele Frauen an Bord, als Fahrtleiterinnen und auf anderen wichtigen Positionen".

Mögliche Vorurteile und versteckte eingefahrene Muster in Bewerbungsverfahren, eingefleischte Rollenverteilung bei der Familienarbeit und das Gefühl, "fremd" im Wissenschaftsfeld zu sein – was könnte gegen diese Stolpersteine für einen funktionierenden Wissenschaftsbetrieb helfen? Bestehende Programme für Frauen, Einstiegshilfen nach Karenz- oder Pflegezeiten oder spezielle Ausschreibungen für Frauen gibt es bereits, Bright kritisiert allerdings, dass die meisten auf wenige Jahre befristet sind und oft sehr schlecht bezahlt sind.

Bessere Aufteilung familiärer Aufgaben

Wirksamer wären hingegen Professuren, die nur für Frauen ausgeschrieben werden, "so lange, bis die 50 Prozent erreicht sind", schlägt Bright vor. Wichtig wäre auch die bessere Aufteilung familiärer Aufgaben, und gleichzeitig müssten auch Anreize für Väter geschaffen werden, ihren elterlichen Verpflichtungen nachzukommen, fordert Bright. Und schließlich könnten auch Unconscious-Bias-Trainings für alle Mitglieder von Kommissionen helfen, wie es sie an vielen internationalen Unis schon gibt. An der Fakultät für Lebenswissenschaften werden nun innerhalb eines Pilotprojekts solche Trainings durchgeführt. (beaha, 15.4.2018)