Da Kreuzfahrten momentan sehr gefragt sind, wollte auch Frau K. auf eine solche Reise gehen. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten buchte sie daher im Reisebüro ihres Vertrauens eine fünftägige Reise durchs Mittelmeer. Dabei nahm sie an, dass alle wesentlichen Preisbestandteile bereits im bezahlten Pauschalreisepreis enthalten sind und sie an Bord nur Geld für Kleinigkeiten, wie Getränke und Souvenirs, mitnehmen muss.

Damit sie sich nicht ständig Gedanken um ihr Budget machen muss, lud Frau K. für sich und ihren Begleiter ein Guthaben auf ihre Zimmerkarte, um damit die kleineren Ausgaben an Bord begleichen zu können. Jeden Abend fragte sie an der Rezeption nach, wie hoch das Guthaben auf der Karte noch ist, bis dieses am letzten Abend der Reise plangemäß aufgebraucht war. Für Trinkgelder hatte Frau K. übrigens ein paar kleine Scheine mit, die sie besonders aufmerksamen Servicekräften zusteckte.

Die Reise verlief problemlos, bis Frau K. am Morgen des letzten Tages beim Auschecken bemerkte, dass ihr – ausgeglichen geglaubtes – Bordguthaben plötzlich 100 Euro im Minus war. An der Rezeption wurde Frau K. nur schnell mit der Erklärung abgefertigt, es gebe eben eine Trinkgeldpauschale von zehn Euro pro Tag und Passagier und wenn sie nun nicht mehr ausreichend Bargeld dabei habe, müsse sie die Summe eben mit einer Kreditkarte bezahlen. Unter dem Druck, ihren Rückflug nicht zu verpassen, zahlte sie daher den offenen Betrag.

Zuhause angekommen schrieb Frau K. dem Kundenservice des Unternehmens und ersuchte um Klärung beziehungsweise Rückzahlung der 100 Euro, da dieser Betrag auch laut Website des Unternehmens nur eine freiwillige Trinkgeldempfehlung darstelle, und sie habe während der fünf Tage an Bord wohl mindestens diese Summe an Trinkgeldern ohnehin verteilt. Das Unternehmen erläuterte, dass es sich zwar um eine freiwillige Empfehlung handle, die empfohlene Summe jedoch der Einfachheit halber vom Bordkonto jedes Passagiers eingezogen werde, sofern dieser nicht widersprochen oder eine Anpassung des Betrags vorgenommen habe. Eine Rückzahlung wurde vom Unternehmen ausgeschlossen.

Manche Kreuzfahrtreedereien verrechnen ein pauschales Trinkgeld.
Foto: www.istockphoto.com/at/portfolio/ncristian

Die Schlichtung mit Frau K. und dem Unternehmen

Frau K. wandte sich daraufhin an die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte. Diese vermittelte zwischen den Parteien, erörterte mit diesen die Rechtslage und erreichte schlussendlich, dass das Unternehmen den eingezogenen Betrag an Frau K. zurückzahlte. Mit dieser Lösung war Frau K. einverstanden, sodass das Schlichtungsverfahren erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Quick Facts – Trinkgeldpauschalen bei Kreuzfahrten

  • Auf Kreuzfahrtschiffen arbeitet eine Vielzahl von Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen. Ein Großteil der Crewmitglieder hat dabei jedoch keinen direkten Kontakt zu den Passagieren. Daher haben sie – im Gegensatz zu den Serviceangestellten an Bord – kaum eine Möglichkeit, ihr Einkommen durch Trinkgelder aufzubessern. Mit diesem Argument haben einige Kreuzfahrtreedereien Trinkgeldpauschalen eingeführt, die – statt einfach zugesteckter Trinkgelder – direkt vom Bordguthaben der Passagiere abgerechnet und nach einem bestimmten Schlüssel auf alle Crewmitglieder aufgeteilt werden.
  • Diese Pauschalen werden zwar oft als freiwillige Empfehlung bezeichnet, aber dennoch eingehoben, wenn Passagiere nicht ausdrücklich widersprechen. Dies steht im Widerspruch zum österreichischen Konsumentenschutzgesetz, wonach Vereinbarungen, mit denen sich Verbraucher neben dem Entgelt für die Hauptleistung zu weiteren Zahlungen verpflichten, nur wirksam sind, wenn Verbraucher der Vereinbarung ausdrücklich zugestimmt haben. Ein bloßer Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist jedenfalls nicht als ausdrückliche Zustimmung eines Verbrauchers zu werten
  • Außerdem gibt es höchstgerichtliche Rechtsprechung aus Deutschland, die sich ebenfalls gegen derartige Trinkgeldpauschalen ausgesprochen hat, allerdings aus einem etwas anderen Gesichtspunkt: Da Reedereien mit solchen Pauschalen bei den Gehältern ihres Personals sparen können, bieten sie vergleichbare Kreuzfahrten günstiger an, als dies für Reedereien möglich ist, die auf Trinkgeldpauschalen verzichten. Ein Preisvergleich wird dadurch schwieriger und so kann es auch zu Wettbewerbsverzerrungen kommen.
  • Die meisten großen Reedereien in Europa haben sich inzwischen von dieser Praxis verabschiedet. Dennoch ist sie nach wie vor bei Unternehmen mit Hauptsitz außerhalb Europas durchaus verbreitet.
Ohne ausdrückliche Vereinbarung ist eine Trinkgeldpflicht in Österreich nicht zulässig.
Foto: www.istockphoto.com/at/portfolio/macgyverhh

Was tun, wenn ein pauschales Trinkgeld verrechnet wird?

Am besten erkundigen Sie sich bereits vor oder bei der Buchung, ob auf Ihrer Kreuzfahrt mit einer Trinkgeldpauschale zu rechnen ist. Sollte das der Fall sein, fragen Sie, wie hoch diese ausfallen würde und ob man sie vermeiden kann, wenn Sie dies möchten. Hat die Reederei Ihnen trotz aller Vorsicht eine Trinkgeldpauschale abgezogen und sind Sie damit nicht einverstanden, sollten Sie das Unternehmen als erstes selbst kontaktieren, am besten schriftlich oder per E-Mail. Reagiert die Reederei darauf nicht oder nicht zufriedenstellend, und hat das Unternehmen eine Niederlassung in Österreich, kann man sich unter anderem an die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte wenden. (Joachim Leitner, 18.4.2018)

Link

  • Weitere Informationen zur Schlichtung für Verbrauchergeschäfte und das Online-Formular zur Einbringung von Schlichtungsanträgen finden Sie auf verbraucherschlichtung.at

Weitere Beiträge des Bloggers